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Endstation Knast

Jugendlicher floh Ende Januar erneut aus dem Heim Feuerbergstraße und ist jetzt im Gefängnis Hahnöfersand

Seit gestern nehmen Abgeordnete von SPD und GAL Einsicht in die Akten der Geschlossenen Unterbringung (GU) in der Feuerbergstraße. Es geht um die Aufklärung der Vorwürfe zweier Jugendlicher, die am 6. Dezember aus dem Heim flohen. Wie aus einer kleinen Anfrage der GAL-Abgeordneten Christiane Blömeke hervorgeht, sitzt einer dieser beiden seit Anfang Februar im Jugendgefängnis Hahnöfersand.

Der Junge war nach seiner spektakulären Flucht an Nikolaus erneut in die GU gekommen und am 21. Januar abermals entwichen, als er einen Freund an der Tür verabschiedete. „Der eigentliche Skandal“, sagt Blömeke, sei nicht die erneute Flucht, sondern wie „hilf- und planlos“ von den Verantwortlichen gehandelt worden sei. So sei es ein Fehler gewesen, ihn wieder in die Feuerbergstraße einzuweisen. Blömeke: „Die Fluchtversuche und die massiven Vorwürfe machen deutlich, dass er mit dem auf Druck und Konfrontation ausgelegten Konzept nicht zurechtkam.“ Auch sei der Junge zuletzt nur mit einer stundenweisen Einzelbetreuung therapiert worden, was für einen Jungen mit solch vielschichtigen Problemen „viel zu wenig“ sei.

Die Jugendpolitikerin kritisierte, dass in dem Heim täglich zehn Stunden Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes im Einsatz seien, während die pädagogischen Mitarbeiter offenbar nur vereinzelte Stunden zur Einzeltherapie erhielten.

Unterdessen teilte das Diakonische Werk mit, dass auf Initiative des Landesjugendhilfeausschusses eine Aufsichtskommission für die Feuerbergstraße gegründet werde. Die Mitglieder soll die Deputation der Sozialbehörde bestimmen. Fest stehe bereits, dass Michael Lindenberg dem Gremium angehören soll. Er ist Professor an der Evangelischen Fachhochschule für Sozialpädagogik und Mitgründer des Bündnisses gegen geschlossene Heime. Kaija Kutter

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