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Das Wohl des Kindes

Gericht lehnt Einweisung eines straffälligen Jugendlichen in geschlossenes Heim Feuerbergstraße ab. Senatorin steht heute vor dem Jugendausschuss

Von Sven-Michael Veit

Tamer K. muss nicht ins geschlossene Heim. Dieses sei „nicht geeignet, den kindeswohlfördernden Einfluss“ auf den Jugendlichen zu nehmen, urteilte am Freitag das Hamburger Familiengericht. Mit diesem Beschluss, welcher der taz vorliegt, lehnt erstmals ein Hamburger Gericht das Heim als geeignete Unterbringung für jugendliche Straftäter ab. Juristisch und politisch ist dies ein klares Warnsignal an den CDU-Senat, die Ohlsdorfer Einrichtung nicht zur Verwahranstalt für missliebige Jugendliche zu machen.

Zwar sei „das Gesamtkonzept der Feuerbergstraße auch auf straffällige Jugendliche zugeschnitten“, stellt das Gericht fest. Im konkreten Fall Tamer K., der nächste Woche 16 wird, sei die Einweisung jedoch „nicht kindeswohlfördernd“. Zum einen lehne der Jugendliche diese Einrichtung vehement ab, zum anderen hätten deren Mitarbeiter vor Gericht eingeräumt, ihn „in dieser Einrichtung nicht mehr erreichen“ zu können.

Das Argument aber, dass ein Jugendlicher im geschlossenen Heim „vor der Begehung weiterer Straftaten geschützt wird, reicht für die Genehmigung nicht aus“, so die Urteilsbegründung. Denn sonst wäre es „in vielen Fällen ohne weitere Prüfung möglich, straffällige Jugendliche geschlossen unterzubringen“. Das aber, stellt das Gericht fest, „ist vom Gesetz nicht gewollt“.

Tamer K. war am 26. Januar wegen mehrerer Delikte zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Unmittelbar nach dem Prozess war er vom Familieninterventionsteam (FIT) der Sozialbehörde in der Feuerbergstraße „in Obhut genommen“ worden. Das Familiengericht gab nun dem Widerspruch seines Anwaltes statt, Tamer K. konnte noch am Freitag zu seiner Mutter und seinen drei Geschwistern zurückkehren.

Dieser Gerichtsbeschluss bringt Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) in neuerliche Argumentationsnöte. Ohnehin muss sie sich heute Nachmittag vor dem Jugendausschuss der Bürgerschaft auf nachdrückliche Fragen der rot-grünen Opposition einstellen. „Entweder ist sie uninformiert oder sie hat Vorgänge bewusst verschwiegen“, vermutet SPD-Jugendpolitikerin Andrea Hilgers. Sie nahm gestern Einsicht in eine Reihe von Behördenakten zum Komplex Feuerbergstraße, welche der Senat den Abgeordneten auf deren Antrag vorgelegt hat. Unter anderem geht es bei der Prüfung um den Fall eines Jugendlichen, der mehrfach aus der Feuerbergstraße ausbrach, ohne dass die Behörde Parlament oder Öffentlichkeit informierte (taz berichtete).

Es gebe allein, weiß Hilgers nun, vier Ordner mit „Besonderen Vorkommnissen“. Daraus ergebe sich eine deutliche Steigerung von Gewalttätigkeiten in dem geschlossenen Heim, vor allem im zweiten Halbjahr 2004. Die zentrale Frage an die Senatorin sei, so Hilgers, „ob das Heim für die Jugendlichen überhaupt was bringt“.

Über den Vorstoß ihres Abgeordneten Thomas Böwer, das Thema in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu durchleuchten, will die SPD-Fraktion am kommenden Montag beraten. Die GAL will erst das Aktenstudium fortsetzen und die heutige Ausschusssitzung abwarten, „und dann“, so Fraktionssprecherin Brigitte Köhnlein, „sehen wir weiter“.

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