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kassenbeiträgeVerfehlte Aufregung

Ist das nicht ein Skandal? Die Krankenkassen machen erstmals seit zehn Jahren einen satten Überschuss von vier Milliarden Euro und weigern sich dennoch zuzusagen, ihre Beiträge zu senken. Schon wallt die Empörung, wächst das Mitleid mit dem armen Beitragszahler, der erneut gebeutelt wird. Erst muss er die Praxisgebühr berappen – und dann bekommt er diese Kosten noch nicht einmal teilweise zurückerstattet.

KOMMENTARVON ULRIKE HERRMANN

Man kann verstehen, dass SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen gern gute Nachrichten produzieren würde. Die Wähler wären über sinkende Kassenbeiträge natürlich erfreut. Dennoch haben die Krankenversicherungen Recht, dass sie zunächst ihre Kredite tilgen oder neue Defizite vermeiden wollen. Denn Schulden kosten Zinsen, für die wiederum die Kassenmitglieder aufkommen müssen.

Man kann es auch so sehen: Die Beitragszahler verlieren in jedem Fall. Die Regierungsparteien versuchen nur, den Wählern ein Nullsummenspiel als Gewinn anzudrehen. Das ist schon absurd an sich – aber es wirkt so besonders grotesk, weil die Streitsummen derart niedrig sind. Es geht um 0,2 Prozentpunkte, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zudem noch teilen müssen.

Nun stimmt es stets misstrauisch, wenn eine Regierung Aufregung inszeniert wie Ulla Schmidt gerade. Das wirkt wie ein Ablenkungsmänover. Erneut will sie kaschieren, dass die Gesundheitsreform tatsächlich vor allem die Arbeitnehmer trifft. Bei den Anbietern – ob Ärzte, Apotheker oder Pharmaindustrie – regieren weiter die Kartelle, die Monopolpreise durchsetzen. So staunen Deutsche zum Beispiel immer noch, wie billig Paracetamol in den Niederlanden sein kann.

Die ganze Debatte um die Beitragssätze ließe sich einfach als lächerlich abtun – wenn sie nicht vom eigentlichen Diskussionsbedarf ablenken würde. Statt nur Geld zurückzufordern, sollten sich die Bürger verständigen, was sie für ihr Beiträge verlangen wollen. Und diese Debatte kann nicht bei dem verständlichen Wunsch enden, dass die Medizin nicht zum Selbstbedienungsladen der Pharmaindustrie verkommt.

Da sind auch ganz andere Verteilungsfragen zu besprechen, die bisher von der Öffentlichkeit eher ignoriert werden: Was, zum Beispiel, sind uns die Chroniker wert – oder die Armen, die deutlich früher sterben?

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