: Happy End in Hanoi
Drei Monate nach ihrer umstrittenen Abschiebung darf eine 14-jährige Vietnamesin, die in Peine aufgewachsen ist, wieder zurück nach Deutschland. Mit Pflicht zur Privatschule, denn staatliche Leistungen bleiben ihr hier verwehrt
Es gibt doch noch Geschichten mit Happy End. Zumindest für Thu Nga Van (14). Nach 13 Jahren Duldung in Deutschland war sie in einer zumindest umstrittenen Aktion samt ihrer fünfköpfigen Familie aus Peine nach Hanoi abgeschoben worden. Knapp drei Monate später gab das niedersächsische Innenministerium jetzt grünes Licht für Thu Ngas Rückkehr nach Deutschland.
Derzeit lebt das Mädchen, das seit dem zweiten Lebensjahr in Peine aufgewachsen war, in Hanoi in der beengten Wohnung eines Onkels. Da die Familie das Schulgeld nicht aufbringen kann, aber auch, weil Thu Nga kaum vietnamesisch spricht, geht sie dort nicht zur Schule.
Eltern, Kirche und ein hartnäckiger Unterstützerkreis hatten sich in den vergangenen Wochen bemüht, ein neues Zuhause, Mittel für den Unterhalt und die Abschiebekosten in Höhe von 2.000 Euro aufzubringen. Und auch das Schulgeld für eine Privatschule in Braunschweig. Denn: In ihre alte Klasse darf Thu Nga nicht zurück. „Voraussetzung für die Rückkehr ist, dass sie keine staatlichen Leistungen mehr in Anspruch nimmt“, sagt der Sprecher des Innenministeriums, Klaus Engemann. „Dazu gehört auch, dass Thu Nga keine öffentlich finanzierte Schule besucht“.
Die Grünen hatten Innenminister Uwe Schünemann (CDU) im Dezember im Landtag vorgeworfen, die Vans bei „Nacht und Nebel“ abgeschoben und damit zum ersten Mal seit vier Jahren das Kirchenasyl in Niedersachsen verletzt zu haben. Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Abschiebung befürwortet, wenn die Familie „mit einem Non-Stopp-Flug in Begleitung eines Arztes und Sanitäters unter Einrichtung einer Patientenkabine“ aus Deutschland ausgeflogen würden.
Den Vorgaben folgte man offensichtlich nicht. Minh Duc, der autistische Bruder Thu Ngas, hatte sich im Flugzeug übergeben. Innenminister Schünemann verteidigte das Vorgehen der Behörden. Ein Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Peiner Superintendentin und den Pastor, die die Vans in einem Nebenraum der Kirche untergebracht hatten, wurde inzwischen eingestellt.
Kein Happy End indes für Eltern und Geschwister von Thu Nga. Die Eltern haben zwar der Trennung von ihrer Tochter zugestimmt, aber offensichtlich leben sie weiter in bedrückenden Verhältnissen. KSC
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen