: Um des Kindes Willen
Bürgerschaft diskutiert betroffen den Hungertodder kleinen Jessica. SPD fordert Sonderausschuss
„Hamburg trauert, Hamburg ist fassungslos“, eröffnete Marcus Weinberg von der CDU gestern die Aktuelle Stunde der Bürgerschaft. Sie stand im Zeichen der verhungerten Jessica. Weinberg sprach nachdenklich von „Tendenzen familiärer Verwahrlosung und moralisch-kultureller Armut in dieser Stadt“ und räumte Mängel im Hilfesystem ein: „Es sind Fehler passiert.“ „Verrücktheit“ sei es, „dass die Couch geliefert, die Katze genährt und das Kind verhungert ist“.
SPD-Fraktionschef Michael Neumann, der auf Polemik verzichtete, warf die Frage auf, „was wir hätten tun müssen, um dieses Kind zu retten“. Es genüge nicht, sich jetzt dem modischen Lamento über fehlende Zivilcourage hinzugeben. Vielmehr sei es traurige Gewissheit, dass die Weichen in Hamburg in der Vergangenheit auch politisch falsch gestellt worden seien: „Wenn alle alles richtig gemacht hätten, würde dieses Kind heute noch leben.“ Neumann schlug einen Sonderausschuss vor, um die Ursachen des Falles aufzuklären.
„Der Kinderschutz in Hamburg hat versagt“, befand GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch und forderte eine ausführliche Fehleranalyse mit allen beteiligten Behörden. „Wir brauchen in jedem Fall die staatliche Aufsicht und Kontrolle und die verpflichtende Rückkoppelung bei Problemfällen“, so Goetsch. Die Stadt habe „um des Kindes willen“ die Pflicht, bei drohender Verwahrlosung einzugreifen.
Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) befand, dass nach dem „fatalen Fehler, den ich zutiefst bedauere“, das „Netz der öffentlichen Hand engmaschiger geknüpft“ werden müsse. Zudem werde der Aufbau eines Informationssystems geprüft, um einen raschen Datenabgleich der Sozial-, Jugend- und Gesundheitsämter sowie der Bildungsbehörde zu garantieren.
Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) schwieg sich indes zu Jessica aus. MARKUS JOX
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