: Seitenschwund?
Die Staats- und Universitätsbibliothek spart an Service und Büchern – und sorgt sich um die Arbeitsfähigkeit bei weiteren Kürzungen
Bremen taz ■ Wer der Universitäts-Bibliothek derzeit Vorschläge macht, welche Bücher sie kaufen sollte, kann folgende E-Mail zurückbekommen: „Nach Aufhebung der Haushaltssperre, voraussichtlich Ende März, wird ihr Kaufvorschlag geprüft.“ Die Haushaltssperre sorge dafür, dass die Monats-Etats mancher Fächer schon erschöpft sein können, erklärt Claudia Bodem, kommissarische Leiterin der Bibliothek.
Deren jährliche Ankaufsetat liegt bei etwa fünf Millionen Euro. Nun gibt es ein kompliziertes Rechenverfahren, das in drei Monaten etwas über 70.000 Euro einsparen helfen soll. Der Sparanteil ist trotz umfangreicher Bemühungen so gering, weil nur um die 40 Prozent des Etats frei verwendet werden können. Der Rest ist vertraglich gebunden, zum Beispiel als Zeitschriften-Abo. Damit wird der Bibliotheksbestand an den Rändern der großen Forschungsfelder dünner, Handbücher und ähnlich zentrale Forschungsmittel können wohl weiter angeschafft werden.
Bodem findet, „dass zum jetzigen Zeitpunkt von Einsparungen nicht die Rede sein kann“ und hofft, „dass wir ab April wieder normal ausgeben können“ – auch das bis dahin Gesparte. Bei etwaigen Kürzungen werde man zunächst Personalkosten einsparen, etwa durch Sperrung der Stellenwiederbesetzung für einige Monate, und versuchen, die Bücher-Budgets zu schonen.
Christel Wienrich, Personalrätin der Staats- und Universitätsbibliothek, ist zwar stolz darauf, dass die Bremer Bibliothek mit weniger Mitteln das gleiche leiste wie andere wissenschaftliche Bibliotheken, so dass sie im deutschen Bibliotheks-Ranking „Bix“ im Bereich Kosten-Leistungs-Effizienz nur drei Bibliotheken den Vortritt lassen musste. Aber bei weiteren Sparmaßnahmen sei die Erhöhung von Wartezeiten und die Verringerung von Beratungsmöglichkeiten und Öffnungszeiten die unweigerliche Folge.
Schon heute müssten Mitarbeiter längere Schichten fahren, wenn Kollegen krank werden. Dann drohten vier oder mehr Stunden ununterbrochener Schalterdienst – psychisch belastend für die Mitarbeiter wie für die Kunden: Lange Schlangen unzufriedener Nutzer führen zu unwirschen Reaktionen auf beiden Seiten. Die knappe Personalausstattung habe bereits zu Kürzungen im Service geführt, berichtet die Personalrätin.
Wienrich befürchtet weiter, dass drastische Service-Kürzungen die Bibliothek wissenschaftlich unbrauchbar machen würden. Dann könnte drohen, dass der Bildungssenator Benutzungsgebühren für die über 32.000 Studierenden einführt, zum Beispiel 40 oder 50 Euro jährlich. Das wären „versteckte Studiengebühren“, die einen Teil der Kosten der Bibliothek (laut „Bix“: 446,27 Euro pro Nutzer) auf die abwälzen, die für ihr Studium auf sie angewiesen sind.
„Die gleiche Politik“, so Wienrich, führe Studiengebühren ein und kürze die Mittel für wissenschaftliche Bibliotheken. Wie der AStA sei sie gegen die Privatisierung von Ausbildungskosten. Auch Bibliotheksleiterin Bodem hofft, „dass so etwas in Zukunft nicht diskutiert wird.“ mkr
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