„wintercheck“: In Köln herrscht Ausnahmezustand
Die Kölner Polizei feiert ihre eben beendete „Aktion Wintercheck“ als großen Erfolg. Zu früh und mit fragwürdigen Argumenten. Denn genaue Zahlen fehlen völlig, so dass auch noch längst nicht bewiesen ist, dass verstärkte Fahrkartenkontrollen in der KVB irgendetwas mit dem Rückgang von Taschendiebstählen zu tun haben. Bei Verkehrsunfällen spricht die Statistik sogar gegen „Wintercheck“. Die Unfälle mit Verletzten haben zugenommen – trotz verstärkter Verkehrskontrollen.
KOMMENTAR VON DIRK ECKERT
Natürlich spricht nichts dagegen, Autofahrer zu kontrollieren. Aber besser wäre eine vernünftige Verkehrspolitik mit Tempolimits, Vorfahrt für U-Bahnen und einem Radwegenetz, das den Namen verdient. Doch stattdessen gehen Polizei und KVB unverdächtigen Bürgern und KVB-Fahrgästen mit Dauer- und Massenkontrollen schwer auf den Keks. Geradewegs nach dem Motto „Viel hilft viel“.
Im Übrigen: Schwarzfahrer sind noch lange keine Gefahr für ihre Mitfahrer. Den ganzen Kontrollwahn verdanken wir dem Gerede von der „gefühlten Sicherheit“ der Bürger, der Rechnung getragen werden müsse. Anstatt den Bürgern zu erklären, dass Haltestellen, Busse und Bahnen keine Kriminalitätsschwerpunkte sind, und sich ansonsten auf die Bekämpfung der tatsächlichen Kriminalität zu konzentrieren, simulieren KVB und Polizei mit Fahrscheinkontrollen ihren Kampf gegen das Verbrechen in der U-Bahn – weil „der Bürger“ sich dann sicher fühlt. Schikane statt Hilfe.
Wir müssen uns in Köln offenbar an den permanenten Ausnahmezustand gewöhnen. Denn jetzt kommt schon die neue Aktion „Frühlingszauber“. Dass es danach noch weiter geht, ist so gut wie sicher. Nur auf den Namen dürfen wir gespannt sein. Wahrscheinlich „Sommernachtstraum“. Oder gleich „Herbstdepression“? Das passt dann auch zum Niedergang der Bürgerrechtskultur in Köln.
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