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Mitte räumt auf, aber nur ein bisschen

VERANSTALTUNGEN Bezirk legt Kriterien für Events zwischen Alexanderplatz und Siegessäule fest

Ephraim Gothe räumt auf. Um der Flut von Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen im Stadtzentrum Herr zu werden, hat der Baustadtrat von Mitte einen dezidierten Kriterienkatalog vorgelegt. Geschlossene Veranstaltungen und reine Werbeshows sollen an herausragenden Orten zwischen Alexanderplatz und Siegessäule grundsätzlich nicht mehr genehmigt werden.

„Die Zahl der Anträge steigt“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch. Im vergangenen Jahr seien von rund 1.000 Anfragen 327 genehmigt worden. Die meisten Absagen wurden erteilt, weil die gewünschten Plätze bereits vergeben waren. Er sehe diesen Andrang keineswegs kritisch. In Berlin sei zum Glück vieles möglich, sagte Gothe. Das komme auch dem Tourismus zugute.

Dennoch will der Baustadtrat die gröbsten Auswüchse vermeiden. So habe es etwa 2008 eine Werbeveranstaltung für die Balearen gegeben. Seither gebe es Anträge für ähnliche Events aus nahezu allen Tourismusregionen Europas. Die wolle man nicht mehr genehmigen. Der Kriterienkatalog soll verdeutlichen, dass Ablehnungen nicht willkürlich gefällt werden – auch damit sie bei eventuellen Klagen vor Gericht Bestand haben.

Insgesamt wird es dennoch kaum weniger Events auf Mittes Straßen geben. So wurde zwar festgelegt, dass der Alexanderplatz nur an maximal 120 Tagen pro Jahr bespielt werden soll, derzeit wird er aber nur an rund 100 Tagen genutzt. „Es geht uns um die Qualität“, betonte Gothe. Veranstaltungen müssten zum Charakter des jeweiligen Orts passen.

So soll es auf dem Pariser Platz nur herausragende politische, kulturelle oder sportliche Veranstaltungen geben. Es müsse gefragt werden, ob sie „den symbolischen Gehalt des Brandenburger Tors zeitgemäß erneuern, statt ihn bloß aufzuzehren“, heißt es im Kriterienkatalog. Auf dem Gendarmenmarkt sollen ausschließlich Events mit „ausgeprägtem Kunst- und Kulturanspruch“ genehmigt werden.

Am Bebelplatz neben der Staatsoper sollen nur noch Lesungen oder Bücherfeste erlaubt sein, die zum dortigen Mahnmal für die Bücherverbrennung passen. Allerdings gilt hier wie überall die Ausnahme von der Regel. So soll die Modemesse Fashionweek weiterhin zweimal jährlich ihr Zelt dort aufbauen dürfen – wegen der durch die Senatswirtschaftsverwaltung betonten großen wirtschaftlichen Bedeutung. Gothe selbst findet den Standort „nicht besonders toll“. Er suche daher nach einer noch viel besseren Lösung. GEREON ASMUTH

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