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PASCAL BEUCKER ÜBER DIE „KRAFTILANTI“-KAMPAGNE IN NORDRHEIN-WESTFALENIn die Falle der CDU getappt

Was immer Hannelore Kraft zu ihrer Unterlassungsklage gegen die CDU bewogen haben mag: Politisch klug ist sie nicht. Die Nerven der nordrhein-westfälischen SPD-Landesvorsitzenden müssen schon ziemlich blank liegen, um in eine derartige Falle zu tappen.

Damit zeigt eine unappetitliche Kampagne, mit der die NRW-CDU nun schon seit Monaten das Land überzieht, erstmalig Wirkung. Während Landeschef Jürgen Rüttgers sich einerseits als landesväterlicher Nachfahre von Johannes Rau zelebriert, hat er andererseits seinen Generalsekretär Hendrik Wüst als geifernden Kampfhund gegen die Konkurrenz von der Leine gelassen. Insbesondere auf Kraft hat es Wüst abgesehen. Dass diese – um eben nicht in die Ypsilanti-Falle zu tappen – eine Zusammenarbeit mit der dämonisierten Linkspartei nicht gänzlich ausschließen will, versucht er als „Bedrohung für Nordrhein-Westfalen“ zu brandmarken.

Seine Propaganda erinnert in ihrer intellektuellen Schlichtheit an jene längst überwunden geglaubten Kalte-Kriegs-Zeiten, als die Union noch mit der Plakatparole „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau!“ in den Wahlkampf zog. Dabei ist Wüst kein Niveau zu unterirdisch. Dazu gehört die Wortschöpfung „Kraftilanti“: Mit allen Mitteln soll Kraft dieser böse Spitzname anhängt werden. Da tragen Pressemitteilungen Überschriften wie „Kraftilantis Bruderkuss mit Erich Honecker“. Es gibt „Kraftilanti“-Videos, „Kraftilanti“-Postkarten, ja sogar einen von der NRW-CDU eingerichteten „Kraftilanti“-Twitter.

Doch trotz all seiner Bemühungen blieb die Wüst-Kampagne, die auch unüberhörbar einen frauenfeindlichen Unterton hat, in ihrer öffentlichen Wirkung bisher mau. Das hat sich mit der Klage Krafts geändert. Erst sie hat dem platten Slogan die Aufmerksamkeit verschafft, die sich die Union gewünscht hat.

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