im kleinen Garten: Mitbewohner gesucht: Nicht-Kräher bevorzugt
Vier zu Eins, die Hühnerfraktion hat endlich eine satte Mehrheit. Während die Frauen in der WG es irgendwie ganz schön finden, halten die beiden Männer zwei Gründe, im Garten hinterm Haus Federvieh zu halten, für ausschlaggebend: 1. Fleisch, 2. Eier. Was eigentlich, wie der eine betont, für Enten spräche, weil die „richtig große Eier legen, viel größer als Hühner, guck mal, ungefähr so, da hat man richtig was von“. Seine Augen glühen.
Dann aber bitte nicht irgendwelche, sondern indische Laufenten. Das ist der Kombivogel schlechthin: Gute Legeleistung und Schneckenvertilger vor dem Herrn. Nur: Will man wirklich ein Ei löffeln, das auf Nacktschneckenbasis hergestellt wurde? Will man nicht, da kann der Biologielehrer in spe noch so häufig das Wunder der Umwandlung von Materie bemühen. Der gefühlte Ekel ist groß. Zu groß. Und nur so am Rande: Nach Berichten von Laufentenhaltern kriegen die Schneckenkiller allzu oft den Hals nicht voll genug und ersticken jämmerlich an Schleim und Schnecke. Und Laufenten-Babys werden ohnehin von der Katze gefressen. Nee, lieber doch nicht.
Richtig, die Katze. Resistent gegenüber jeglichen Erziehungsversuchen, wie sie ist, müssen wir davon ausgehen, dass sie das „Nicht zum Verzehr geeignet“ am Stall geflissentlich übersehen wird. Also brauchen wir wehrhafte Hühner, die dem kleinen Monster zeigen, was ’ne Kralle ist. Und da wir grad dabei sind: Unsere neuen Mitbewohner sollen wegen der lieben Nachbarn weder krähen noch laut gackern, keine Zäune überfliegen, nicht scharren („der schöne Rasen!“), sich mit wenig Platz begnügen und trotzdem reichlich Eier legen.
„Tja, das wird jetzt schwierig“, schreibt Thomas im Forum bei www.huehner-info.de und schlägt vor, es lieber mit Kaninchen zu versuchen. Oder mit Wachteln, so ein anderer Tipp. Leider machen die meisten Antworten auf die Frage, welche Rasse besonders stadttauglich ist, eher wenig Hoffnung auf das perfekte (leise!) Huhn.
Dafür bewegt wenigstens die Frage. „Ins Herz der Zukunft, die Hühnerhaltung angehend“, treffe sie, findet einer. Gemessen an der Zahl der Antworten und hits gehört sie in der Rubrik „Fragen zu Hühnerrassen“ zu den Spitzenreitern. Prima, jetzt können wir mit hunderten statt nur mit fünf Menschen diskutieren, ob Hühner ohne Hahn auskommen.
Eine feministische Note wäre vielleicht nicht übel. Schließlich haben wir uns schon geweigert, Küken aufzunehmen, die anfangs nicht laufen konnten und deswegen vom Bauern verstoßen wurden. Das Thema war schnell erledigt. „Morgens und abends Krankengymnastik mit behinderten Hühnern? Seid ihr wahnsinnig?“ Das sind wir wohl in jedem Fall. Sonst hätten wir uns längst ein neues Gesprächsthema gesucht.
Eiken Bruhn
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