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Dichten in der Ferne

Im französischen Süden hat Florian Adamski seinen ersten Gedichtband „Schläfenturm“ herausgebracht

Allein der Name: Bremen. Br! Dieses hart gegurgelte „r“ als rüde Antithese zum lässig geblähten „B“. Und dann das nachgiebig-weiche „men“. „Bremen“: schon das Wort erzählt viel von der Hansestadt, in der lässig geblähte Lebenslust von der nüchternen Eleganz der Vernunft ausgebremst wird. Eine Stadt des Ausgleichs. Getunkt in transparentes Grau. Bremen ist und bleibt prosaisch. Wer den Himmel hinauf, in die Hölle hinein zu dichten wünscht, reist fort. Und richtet sich auf halber Höhe der Pyrenäen häuslich ein. Wie Florian Adamski, gebürtiger Findorffer, Jahrgang 1980.

Als man ihm in der 12. Jahrgangsstufe attestierte, 80 Prozent schlechter schreiben zu können als alle anderen Schüler, musste er als Legastheniker das Gymnasium abbrechen. Er kehrte Bremen den Rücken, verkroch sich in sein Zimmer, wehrte sich gegen das Gutachten, tat nichts mehr – außer zu lesen und zu dichten. „Dafür ist die Einsamkeit unbedingt notwendig“, erklärt er. Aus seiner Zimmerklause floh er ins französische Valady, ein in Weinberge verwachsenes Dorf, bestehend aus 40 Schiefer bedeckten Steinhütten. Ein wenig Jobberei in den Kellereien reicht Adamski zum Überleben. „Hier, hinter der Welt, ist ein Idyll für Dichter, eine Ruhe, die nur von Vögeln gestört wird“, schwärmt der Bremer.

Seinen dritten Lyrikband hat er bereits vollendet, aber nur Geld genug, den ersten zu veröffentlichen. Dazu musste er sein einziges Vermögen, den von der Mutter für ihn abgeschlossenen Bausparvertrag, „auf den Kopf hauen“. So war der Frankfurter R.G. Fischer Verlag bereit, 1.000 Exemplare vom „Schläfenturm“ zu drucken. Ein Titel, der gezielt auf den „Elfenbeinturm“ anspielt, die weltabgehobene Heimat der Poeten-Romantik. “dichterisch wohnet der Mensch“. Dieses Hölderlin-Zitat ist dem Band vorangestellt und gibt Adamskis Situation wieder, die musenfreundliche Isolation in Südfrankreich.

Was der Autor so fern ab von Bremen erlebt, muss das reinste Dichterglück, pure Magie sein. „Meine Gedichte erfahren sich als Diktiertes, entstehen als Dialog zwischen mir und der Sprache“, erklärt Adamski. Wobei er Sprache nicht als Träger von Informationen versteht, die uns den Alltag bewältigen lassen, sondern als „Haus des Seins“. Gute Poesie ermögliche „Traumreste vom Seinsgrund in der Bewegung des Werdens zu erleben“. Das kollektive Unbewusste der Menschheitsgeschichte werde reformuliert. „Meine Utopie ist“, begeistert sich Adamski, „Sprache sprechen zu lassen und so das Dasein zu singen“: Der Dichter erscheint als Medium, Schreiben als Séance.

So erschließen sich die Gedichte nicht auf Anhieb, ihre Sperrigkeit ist auch ihr Reiz: „Sprechchöre als Austernhaufen, / auf Konsortiums- / bänken festgesetzt, mit dem verlorenen Wort / schwarzen / Blöcken“, so heißt es dunkel in einem seiner Gedichte. Jens Fischer

Florian Adamski, Schläfenturm. R.G. Fischer Verlag, 2004.

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