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Aktiv töten ist verboten

RECHTSLAGE Was dürfen Ärzte in Deutschland?

BERLIN taz | Unter Sterbehilfe fallen Handlungen, die von der Hilfe und Unterstützung während des Sterbeprozesses bis hin zur aktiven Tötung Schwerstkranker reichen. Unterschieden wird zwischen:

Beihilfe zur Selbsttötung – also etwa das Besorgen eines Stricks, einer Anleitung zur Selbsttötung oder eines tödlichen Medikaments, das der Sterbende sodann selbst und ohne fremde Hilfe einnimmt. Diese Beihilfe ist in Deutschland straffrei. Die Logik dahinter: Weil der Suizid nicht verboten ist, kann auch die Hilfe zum Suizid nicht bestraft werden. In der Praxis ist es für Sterbewillige jedoch oft unmöglich, sich diese Beihilfe zu organisieren. Denn wer beabsichtigt, sich mit einem sanften, aber effizient wirkenden Medikament – etwa Natriumpentobarbital – selbst zu töten, muss erst mal einen Arzt finden, der bereit ist, ihm dieses Medikament zu verordnen.

Und das ärztliche Standesrecht, zuletzt 2011 aktualisiert in der Berufsordnung der Ärzte, ist in dieser Frage kompromisslos: Danach dürfen Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten. Andernfalls müssen sie mit hohen Geldbußen rechnen.

Daneben gibt es den ärztlichen Behandlungsabbruch auf Verlangen des Patienten – dieses Selbstbestimmungsrecht wurde 2010 durch ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs gestärkt: Danach rechtfertigt eine Einwilligung des Patienten, etwa in Form einer schriftlichen Patientenverfügung oder mündlichen Erklärung, sowohl das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen als auch die aktive Beendung einer nicht mehr gewollten Therapie.

Ebenfalls straffrei sind das Ausschalten von Geräten sowie das Verabreichen schmerzstillender Medikamente, die das Leben nicht vorsätzlich verkürzen.

Verboten dagegen ist nach § 216 Strafgesetzbuch in Deutschland die aktive Sterbehilfe, also die gezielte Herbeiführung des Todes durch aktives Handeln eines Dritten, etwa durch Verabreichung einer Überdosis Schmerzmittel, selbst wenn dies dem expliziten Wunsch des Sterbenden entspricht. Diese sogenannte Tötung auf Verlangen wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Weltweit erlaubt ist aktive Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen lediglich in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. In der Schweiz ist aktive Sterbehilfe – wie in Deutschland – verboten. Allerdings ist das ärztliche Berufsrecht dort liberaler als in Deutschland.

HEIKE HAARHOFF

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