OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Wen das unlustige Dauergequatsche von vermeintlich hippen Komikern und die vielen popkulturellen Anspielungen in den DreamWorks-Animationsfilmen schon immer nervte, der sollte sich eigentlich mit „Der gestiefelte Kater“ anfreunden können, denn Chris Millers Film um den bereits als Sidekick des grünen Ogers aus „Shrek“ bekannten Kater befleißigt sich eher der Dramaturgie eines klassischen Hollywood-Abenteuerfilms: Action, Liebe und Verrat mischen sich gekonnt in komödiantischen und melodramatischen Momenten; dabei wird die Geschichte durch die Diskrepanz zwischen der permanenten Selbstüberschätzung des Helden und seinen etwas eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten auf amüsante Weise leicht gebrochen. Die Vielzahl virtuos inszenierter Actionmomente gerät dem Film in einer Story, in der der gestiefelte Kater gemeinsam mit der ihm mindestens ebenbürtigen Katze Kitty und einem reichlich dubiosen „Jugendfreund“ Zauberbohnen zu stehlen versucht, nicht zum lautsprecherischen Selbstzweck, sondern besitzt spielerische Qualität. (24.–26. 2., Union, 26. 2., Casablanca, Kulturbrauerei)
Zwar behauptet Max Ophüls in seinen Memoiren, er habe seinen dritten Spielfilm „Lachende Erben“ (1932) mit reiner Routine gemacht und als Zuschauer bestimmt keine Kinokarte dafür erstanden, doch man muss dem Regisseur in diesen Ausführungen nicht unbedingt folgen. Denn die Geschichte um den eigentlich recht trinkfreudigen Erben (Heinz Rühmann) eines Weinguts, der einen Monat keinen Alkohol trinken darf, damit die Erbschaft ihre Rechtsgültigkeit bekommt, besitzt geistreich-witzige Dialoge sowie eine durchaus überlegte und amüsante Inszenierung. (29. 2., Eva)
Für die Protagonisten der Beat Generation und der Queer-Culture, für Drogenapostel und Punkrocker war und ist William S. Burroughs ein Idol: Wie kein anderer verlieh er dem Gefühl Ausdruck, vom amerikanischen Traum beschissen worden zu sein, und wurde so zur Gallionsfigur aller Außenseiter und Gegenkulturen. In seiner Doku „William S. Burroughs – A Man Within“ ist Yony Leyser jedoch nicht nur dem Idol auf der Spur, er zeichnet Burroughs in Interviews mit Freunden und prominenten Fans des Autors auch als einen Menschen, der Gefühle nicht zulassen konnte: Den hier dokumentierten öffentlichen Auftritten des Maestros gibt dies etwas Anrührendes und zugleich Tragikomisches. (OmU, 23./27.–29. 2., Moviemento)
Mit „Ministry of Fear“ schuf Fritz Lang 1944 einen Anti-Nazi-Film, der vor allem als Paranoia-Thriller funktioniert: Denn wie bitte soll der gerade aus der Psychiatrie entlassene Stephen Neale (Ray Milland) der Welt erklären, dass sich hinter einem Wohltätigkeitsverein für Mütter in Wirklichkeit eine Nazi-Organisation verbirgt, und dass eine Torte mit eingebackenem Geheimnis gerade von einem falschen Blinden geraubt wurde? Lang inszeniert eine albtraumhafte Welt ohne Möglichkeit, sich zu verstecken: Wohin Neale auch kommt, seine Feinde haben ihr Netz bereits gesponnen. (OF, 23. 2., Zeughauskino) LARS PENNING
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen