: Anker durchtrennt Kabel: Ostafrika offline
INTERNET Nach drei Jahren Wirtschaftsboom dank neuer Unterseeverbindungen muss Afrikas dynamischste Region eine virtuelle Pause einlegen. Denn eines der Kabel wurde vor Kenia beschädigt
AUS KAMPALA SIMONE SCHLINDWEIN
Wer dieser Tage in Ostafrika zur Bank geht, um Rechnungen zu bezahlen, muss sich gedulden: „Tut mir leid, unser System funktioniert über das Internet, und das ist dieser Tage sehr langsam“, seufzt der Angestellte. „Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten“, erklären Telekommunikationsfirmen in Textnachrichten. Twitter und Facebook-Nutzer von Burundi bis Südsudan beschweren sich lautstark über die Langsamkeit ihrer Internetverbindungen.
Der Grund: Ein Breitbandkabel, das Ostafrika mit der Welt vernetzt, ist kaputt. Vergangenen Samstag ging ein Schiff außerhalb von Kenias Hafen Mombasa vor Anker. In vier Kilometer Tiefe krachte der tonnenschwere Haken auf das 2009 verlegte Kabel. Sechs Länder gingen komplett offline. Selbst Telefonate und SMS funktionierten in Ruanda, Uganda, Burundi, Tansania, Äthiopien und Südsudan stundenlang nicht. Ostafrikas Telekommunikationsfirmen schalteten notgedrungen wieder auf Satellitenverbindung um. Seitdem öffnen sich Websites nur noch in Zeitlupe – so wie noch vor drei Jahren, als Ostafrika noch nicht an das Unterseekabel angeschlossen war.
Bis zu drei Wochen werde die Reparatur des Kabels dauern, erklärte Joel Tanui, Manager der Firma East Africa Marine System (Teams), die das Kabel betreibt. Sie gehört einem Konsortium aus Telekommunikationsfirmen und Kenias Regierung. Teams will nun ferngesteuerte U-Boote zu Wasser lassen, um das Kabel zu heben und es zu reparieren.
Das beschädigte Kabel ist eines von drei Unterseekabeln, die Ostafrika mit dem weltweiten Netz verbinden. Es führt von Mombasa bis in die Vereinigten Arabischen Emirate. Von Mombasa aus wurden seit 2010 Breitbandverbindungen ins Innere Afrikas verlegt: nach Uganda, Ruanda, Burundi und Südsudan – wo nationale Netzbetreiber derzeit Anschlüsse bis in die abgelegenen Dörfer ausbauen.
Dazu führt das Eassy-Kabel von Sudan die ostafrikanische Küste entlang bis nach Südafrika. Zehn Tage vor dem Ankerunfall in Mombasa wurde das Eassy-Kabel im Roten Meer beschädigt. Das dritte Kabel, Seacom, führt von Ägypten bis zum Horn von Afrika. Das Teams-Kabel schließt daran an. Die Seacom-Betreiberfirma betont dieser Tage, ihre Verbindung sei nicht lahmgelegt. Zahlreiche Telekommunikationsfirmen bemühen sich derzeit, sich von Teams auf Seacom umzuleiten.
Seit die Unterseekabel 2009 online gingen, hat sich in Ostafrika vieles rasant verändert. Der Transfer großer Datenmengen in kurzer Zeit wurde möglich. Dies hat die Wirtschaft angekurbelt. Seit 2009 eröffnen in Ostafrika an jeder Straßenecke Internetcafés. In Ruanda kann man sogar landesweit via W-LAN online gehen. Ostafrikas Regierungen – alle voran Ruanda – entwickelten ehrgeizige IT-Strategien. Doch der Unfall mit dem Anker zeigt, dass sich dieser Boom in Sekunden lahmlegen lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen