: US-Schrott drückt die Stimmung bei Opel
Investmentbank stellt Konzernmutter schlechtes Zeugnis aus. Dem Standort Kaiserslautern droht die Zerschlagung
RÜSSELSHEIM taz ■ Die Stimmung bei den Opelhändlern und ihren Kollegen von den Schwestermarken war mies. Auf der Autoausstellung in der Opelstadt Rüsselsheim drückte am Samstag nicht nur das schlechte Wetter auf das Gemüt. Viel belastender waren die schlechten Nachrichten aus den USA.
In der Nacht auf Freitag nämlich hatte die renommierte Ratingagentur Standard and Poors (S & P) die Bonität der Opelmutter General Motors (GM) und auch die von Ford auf das Niveau „BB“ heruntergestuft. Das ist Schrottlevel. Die Kurse der beiden Giganten der Branche sanken sofort rapide. Denn für die angehäuften Schuldenberge in Detroit müssen GM und Ford nun höhere Zinsen zahlen. Und für frisches Geld zur Sanierung der Unternehmen auch.
In Rüsselsheim stellte sich deshalb umgehend die Frage nach der Zukunft des „Zukunftsvertrags“ mit der darin enthaltenen Bestandsgarantie für alle drei Opelwerke in Westdeutschland, der knapp 10.000 Beschäftigten die Jobs kostet – und GM knapp eine Milliarde Euro an Restrukturierungsaufwendungen. Sie blieb an diesem Samstag an den Ständen der Opelhändler unbeantwortet.
Als GM Anfang April seine miesen Quartalszahlen veröffentlichte, hatte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz noch von einem „rein amerikanischen Problem“ gesprochen, das Opel nur dann zu schaffen machen könnte, wenn auch Einbrüche auf dem europäischen Markt konstatiert werden müssten. Opel aber reüssiere doch gerade mit seinen neuen Modellen. Da allerdings wusste Franz noch nichts von der Herabstufung der Bonität von GM. Und auch nichts von der bevorstehenden Zerschlagung des Opelwerks in Kaiserslautern. In der Branchenzeitschrift Automobilwoche jedenfalls kündigt die Unternehmensleitung von Opel die Veräußerung der Komponentenfertigung „auch in Einzelteilen“ an, falls sich für das gesamte Werk nicht bald ein Käufer finden lasse. Die Betriebsräte in Kaiserslautern zeigten sich daraufhin „entsetzt“.
Auch für Rüsselsheim und Bochum könnte es wieder eng werden. S & P glauben, dass GM und Ford ihre gigantischen Probleme wie Pensionszahlungsverpflichtungen, die Gesundheitskosten der Mitarbeiter, die hohen Schuldenberge und die falsche Modellpolitik in absehbarer Zeit wohl nicht in den Griff bekämen. Vor allem die japanischen Produzenten kleinerer und günstiger Autos profitieren davon. Denn auch in den USA gelten nachgebaute rasende Oldtimer und tonnenschwere Straßenkreuzer als wenig zeitgemäß, ganz zu schweigen von den Sprit fressenden Monstergeländewagen.
Die Ölkrise hat nämlich auch dort für eine Explosion der Benzinpreise gesorgt. Und die Rabattschlachten zwischen den Giganten waren ruinös. Autos wurden zuletzt unter Herstellungswert verkauft. Nun fragt man sich in Rüsselsheim, ob sich GM in so einer Situation eine weitere Milliarde Euro für Opel wirklich leisten wird.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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