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„Cola hat das Land besetzt“

Im Elefanten kritisiert Kunst Kolonialismus

Michael Weisser, 60

ist Medienkünstler und Gründungsmitglied des Vereins „DerElefant!“ für Vielfalt, Toleranz und Kreativität in Bremen.

taz: Herr Weisser, die Ausstellung im Bremer Elefanten dreht sich um Rotwein, Wasser und Coca-Cola?

Michael Weisser: Ich habe versucht, den Kolonialismus in Namibia in der Krypta im Elefanten ästhetisch zu thematisieren. Der Rotwein steht für das Blut Christi, denn die frühen Missionare haben bereits im 18. Jahrhundert den Kontakt zwischen Europa und Namibia vorbereitet. Das Wasser ist das Ur-Getränk der dortigen Bevölkerung – und mittlerweile hat Coca-Cola stillschweigend das Land „besetzt“.

Eine moderne Form der Kolonialisierung?

Ja, so sehe ich das. Als ich 2005 in Namibia war, sah ich selbst im entferntesten Busch Coca-Cola und Big-Macs. Die Leute fegen den nackten Boden und trinken Cola an ihrer winzigen Feuerstelle. Diese Produkte nehmen das Land total ein, vor jeder Schule steht ein Coca-Cola-Schild. Das thematisiere ich durch meine Installation im Elefanten genauso wie das brutale Vorgehen der deutschen Kolonialherren gegen die namibische Bevölkerung Anfang des 20. Jahrhunderts.

Der Elefant war ursprünglich ein Kolonialdenkmal, heute ist er ein Antikolonialdenkmal. Was hat diese Umwidmung bewirkt?

Durch den Elefanten sehen die Namibier, dass Deutschland seine Geschichte und den Völkermord in Namibia kritisch betrachtet und jeglichen Anspruch auf Kolonien abgelegt hat. Die Erinnerung an Unrecht und die Hilfe zur Selbsthilfe sind Wege der Versöhnung. Der Verein „DerElefant!“ will das Monument zu einem Ort der Erinnerung und Versöhnung, der Vielfalt in Zukunft machen.

INTERVIEW: GESA KOCH-WESER

Eröffnung heute, 16 Uhr. Danach bis Samstag täglich von 11 bis 16 Uhr geöffnet.

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