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Bier sind Papst

Zwölf fähige Kräfte haben für die Wahrheit das Papstbier der Brauerei Weideneder aus dem bayerischen Tann getestet

Clever, wie die Bayern so sind, haben sie nicht nur kürzlich einen Papst hervorgebracht, sondern auch passend zur Wahl von Benedikt XVI. ein Bier gebraut, das sich „Papstbier“ nennt. Hersteller ist die Brauerei Weideneder aus Tann. Und so durstig nach Neuem, wie die Wahrheit ist, hat sie sich sofort ein paar der mit einem Bild Benedikts versehenen Fläschchen bestellt. Denn solch ein Bier, das gleichsam mit höheren Weihen ausgestattet ist, muss durch geübte Zungen begutachtet werden. Freundlicherweise schickte die Brauerei Weideneder das Papstbier gleich im Dutzend. Zwölf Flaschen wie die zwölf Apostel. Und so waren im Auftrag der Wahrheit zwölf Redakteure aus zwölf taz-Ressorts aufgerufen, das Papstbier einer sehr strengen Prüfung zu unterziehen.

Hostiengeschmack

Vor oder nach der Messe trinken? Nachher, denn der Nachgeschmack nimmt den trockenen, leicht modrigen Geschmack der Hostie auf, verlängert ihn an den Stammtisch im Wirtshaus – flüssiges Brot, Laib unseres Herrn – und erinnert uns beizeiten an die Heimkehr zum Mittagessen. Denn unbegrenzt viel von diesem Bier kann man nicht einnehmen, so subtil ist die Hopfen-Gerste-Abstimmung. Doch das Bier löst eine problematische Reizumkehrung aus: Der Geschmack der Kommunion lässt zu sehr ans Wirtshaus denken. Sind wir dafür zur Beichte gegangen? Ja! DIETMAR BARTZ

Pilgerschweiß

Mit meinem vorletzten Bier habe ich ein Stück Regenwald gerettet, mit dem letzten einen Bolzplatz. Also zumindest einen Teil der Grasnarbe. Und mit dem Papstbier? Dem Geschmack nach kann es sich nur um den Petersplatz handeln. Die Untertöne von muffigem Pilgerschweiß und sonnengereifter Katzenpisse sind nicht zu verkennen. Andererseits ist auf dem Etikett der Geburtsort von Benedikt XVI. abgebildet. Vielleicht rette ich mit jedem Schluck ein Stück Marktplatz von Marktl am Inn? In jedem Fall höre ich sofort auf zu trinken. Das ist eindeutig ein Mädchenbier. HANNAH PILARCZYK

Blut-Recycling

Als die Cherusker die Römer schlugen, hätte es schon fast zu einem Germanen-Kaiser gereicht, wenn die Markomannen nicht … Zwar wurde Hermann noch einmal gegen die Franzmänner bemüht, im Endeffekt bekam aber jeder germanische Mächtige einen römischen Bischof zur Seite – bis zur „Wir sind Papst“-Wahl. Zwar verwandelt sich das Blut Jesu noch immer in Rotwein, aber die Ökonation Deutschland hat nun die daraus tröpfelnde Pisse in bayerisches (Papst-)Bier verwandelt. Leider wie bei der Kolonialisierung zu spät: Es wird ökonomisch floppen! HELMUT HÖGE

Flaschensegen

Es gibt drei Sorten Katholiken: die Vorabendmessler (gehen samstags, dann müssen sie sonntags nicht), die Frühmessler (da wird man gesehen) und die Spätmessler (die, die anders sind). Doch sind alle drei papstbierkompatibel? Mein Tipp an die Hersteller: Werben Sie zielgruppenorientiert. Der Vorabendmessler bevorzugt Hagebuttentee. Da ist nichts zu machen. Dem Spätmessler wird vom zuckrig weichen Papstbier übel. Der ideale Kunde: der Frühmessler. Andererseits: Wer braucht schon einen Pfarrer in der Kirche, wenn er den Papst in der Kneipe kriegen kann? JUDITH LUIG

Nullumdrehung

Fantasie haben sie, die Katholiken. Das muss man ihnen lassen. Nun versuchen sie, Ungläubige mit Papstbier in Versuchung zu führen. Kann das funktionieren? Führt der Weg zum Glauben über eine trockene Kehle? Das Bildnis von Herrn Ratzinger auf dem Flaschenhals wirkt da eher abschreckend, ebenso das blau-weiße Dekor. Aber gut. Durst ist Durst. Doch nach wenigen Schlucken ist klar: Ich kann schlucken, so viel ich will, die Erleuchtung stellt sich nicht ein. Das Papstbier knallt nicht: null Umdrehungen. Es schmeckt modrig. Als hätten die Katholiken eine Leiche im Keller. BARBARA BOLLWAHN

Josefsbier

Hätte das neue Papstbier Jesus geschmeckt? Die süddeutsche Süße hätte dem Schmerzensmann womöglich sogar behagt. Aber Jesus war kein Biertrinker. Sonst hätte er bei der Speisung der Fünftausend Wasser in Bier und nicht in Wein verwandelt. Denn Bier ist wahrhaft nahrhaft. Bier, das war eher etwas für seinen Leihvater: Josef, den alten Zimmermann. Der hatte immer was herunterzuspülen: entweder die Sägespänwolken in der Werkstatt oder den Heiligen Geist, der in seine Frau hineinfuhr und einen sauberen Herrn Sohn hinterließ. Das Papstbier ist ein echtes Josefsbier. MICHAEL RINGEL

Erlöserqualität

Ein Heilsbringer für die darbende deutsche Brauereiwirtschaft? Der Emo-Faktor (Papa!) stimmt zumindest. Das Image auch: seligmachend (5,4 Prozent Alkohol), unbefleckt (deutsches Reinheitsgebot), unfehlbar („Passt immer!“). Das Marketing übernehmen dann Vatikan und Bild („Wir sind Papst!“), um nachwachsende Abnehmer muss man sich keine Sorgen machen (KJG – Kampftrinkende junge Gemeinde). Und der Geschmack? Ist bei Katholikens nicht so sehr entscheidend (ans Kreuz genagelter Schmerzensmann überm Ehebett). Fazit: Ein Wunder wäre es nicht. BEATE WILLMS

Flügelflasche

Aus sportwissenschaftlicher Sicht kann dem Genuss von Bier prinzipiell nur das Wort geredet werden. Genau genommen handelt es sich dabei nämlich nicht um Alkohol, sondern um pures Elektrolyt. So empfiehlt schon Manfred Steffny in der von ihm verfassten Läufer-Bibel „Mein Marathontraining“ nach erfolgreicher Sportelei ein Fläschchen Bier, vorzugsweise der Sorte Altbier. Da auch Papst Benedikt XVI. schon sehr alt ist, führt das nach ihm benannte Gebräu zu einem ähnlich effektiven Regenerationsprozess. Beim Test jedenfalls verlieh das bayerische Papstbier Flügel. FRANK KETTERER

Tageslabsal

Großes hat der HERR an mir getan: Schenkte mir Bierschlücke beim Frühschoppen dicker Männer nach der Messe im verqualmten Gemeindesaal am Sonntagmorgen, in den Siebzigern. Vergoldete mir mit Schwarzbier das Leben an einem sonnigen Mittag auf der Kuppe von Kloster Andechs am Tag nach dem Abitur. Labte mich mit Papstbier am Nachmittag – und, siehe, es enthob den Rest des Tags aller Erdenschwere, hinein in einen tiefen Schlaf. Wahrlich, das kann das leckere Papstbier – aber andere Biere können es auch. Noch ein Bier, und ich finde sogar diesen Papst himmlisch. PHILIPP GESSLER

Wandergeist

Pilgern ist in. Auf den Pilgerpfaden von Santiago de Compostela oder Altötting treffen sich die letzten Hippies auf ihrer unkonventionellen Wanderschaft zu sich selbst. Oberbayern, dort wurde der Papst geboren, ist neuestes Pilgerziel. Nun wird in klösterlicher Tradition ein Bier zu seiner Ehren gebraut. Wir sind eingetaucht in die Schaumkronen des göttlichen Nass, gewonnen aus den klaren Wassern bayerischer Landschaft, und wissen: Das 5,4-prozentige Gebräu aus Tann, gleich dort, wo er einst weilte, ist nach deutschem Gesetz gebraute reinste spirituelle Erweckung. EDITH KRESTA

Schaumreich

Für a echte Halbe schmeckts a bisserl stumpf, insgesamt aber rinnt’s so siaß und süffig runter, dass ma seine Freid hat. Ob’s also auch den internationalen Geschmäckern taugt, da brauch ma gar net drüber nachdenka. Nördlich vom Main ist eh Schluss. Aber dort droben genga denen ja a scho die Katholiken aus. Oans is no interessant: Einen Schaum hat des Ratzinger-Bier, einen Schaum, Respekt! Da kannst neispucka, da bewegt sie nix, so fest ist der. Nur oans: Aufstoßen muas ma deswegen schon des Öfteren. Und die Rülpser, die hören sich so an: „Broooamen.“ Gott erhalt’s. JÖRN KABISCH

Bierseligkeit

Im Anfang war das Bier, und das Bier war bei Gott. Hopfen, Malz, Wasser. Wer reinen Glaubens ist, befolgt das Dogma der Dreifaltigkeit, das Gebot der Reinheit. Hopfen, Malz, Wasser. Selig sind die Bierseligen, denn sie dürfen offenen Auges delirieren: Im Glase schimmert dann das Gold gleich den Zinnen des heiligen Jerusalem im Morgenrot des Jüngsten Tages! Vieltausendfach steigen die Blasen hinan, flink wie erlöste Seelen gen Himmel! Eine Offenbarung, über die schon bei Johannes geschrieben steht: „Und als das Lamm das siebente Bier auftat, entstand eine Stille.“ Kühl und dunkel lagern! ARNO FRANK

„Papstbier“, Weideneder Bräu Tann, Kasten mit 20 Fl. à 0,5 l 14,95 Euro

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