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„Alles drin“ auch hierzulande

All inclusive, die Zauberformel der internationalen Tourismusindustrie, ist in Deutschland noch ein Nischenprodukt. Der Urlaub ohne Nebenkosten ist attraktiv, weil die wirtschaftlich gebeutelten Deutschen auf Nummer Sicher gehen wollen

VON GÜNTER ERMLICH

„Jeder zweite Kunde fragt nach All-inclusive-Angeboten“, sagt die Mitarbeiterin eines Bochumer Reisebüros. Der Urlaub (fast) ohne Nebenkosten ist so attraktiv, weil die Deutschen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Nummer Sicher gehen wollen: Sie können ihre Ausgaben vorab kalkulieren und müssen sich später keine Gedanken machen, was das Eis am Stand, das Bier am Pool oder der Sonnenschirm am Strand kostet.

Die „Alles drin“-Urlaubsform hat „in den letzten Jahren sehr deutlich an Popularität gewonnen“, heißt es in der Reiseanalyse 2004 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (F.U.R.). Danach haben 16 Prozent der deutschen Bevölkerung in den letzten drei Jahren einen All-inclusive-Urlaub gemacht, und sogar 29 Prozent der Befragten beabsichtigen, diese Urlaubsform in den nächsten drei Jahren „ziemlich sicher“ oder „wahrscheinlich“ zu wählen. Hotels und Reiseveranstalter weiten ihre Angebote ständig aus. Nicht nur in der Karibik, sondern auch rund ums Mittelmeer, vor allem in der Türkei, entstehen neue Anlagen, selbst in Österreich setzen Hoteliers verstärkt auf diese Angebotsschiene.

In Deutschland ist die Urlaubsform dagegen noch ein Nischenprodukt. Die TUI, die 310 Hotels in 22 Ländern mit Inklusivleistungen anbietet (in der Türkei 53 Prozent aller Hotels mit AI, in der Dominikanischen Republik gar 91 Prozent), hat hierzulande gerade mal „eine Hand voll Hotels mit AI“ unter Vertrag. „Aber wir wünschen uns auch und gerade in Deutschland mehr All-inclusive-Angebote“, erklärt TUI-Pressesprecher Robin Zimmermann. Denn man spüre im Vertrieb und in den Reisebüros ein stärkeres Bedürfnis nach AI. Deshalb würden TUI-Hoteleinkäufer die Hoteliers ermutigen, All-inclusive anzubieten.

Auch beim Veranstalter Dertour registriert man eine wachsende Nachfrage nach dieser Urlaubsform, vor allem von Familien mit Kindern. Insgesamt sieben deutsche AI-Hotels hat Dertour im Programm. Doch tun sich deutsche Hoteliers mit dieser Urlaubsform noch schwer. „Viele Hoteliers scheuen die Anfangskosten, zum Beispiel bei der Umstellung des Sortiments“, sagt Robin Zimmermann von der TUI.

Günther Degenhardt von Neckermann hat beobachtet, dass Hoteliers besonders dann All-inclusive einführen, wenn sie Probleme mit der Belegung haben und so hoffen, neue Kundenschichten zu gewinnen. Hingegen bemerkt Marc Schnerr vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) weder einen größeren Anstieg bei AI-Angeboten, noch sieht er darin eine Zukunftschance für die meist kleinen und mittelständischen Betriebe in der deutschen Hotellerie. „Wegen fehlender Mittel und mangelnder Möglichkeiten beim Preis“ könnten deutsche Hoteliers nicht mit den Preisen der großen Ferienresorts und Hotelketten in südlichen Gefilden konkurrieren.

Im Gegensatz zu Flugpauschalreisen in reine AI-Resorts der Karibik sind „Alles drin“-Angebote in deutschen Anlagen meist nur als Baustein wahlweise zubuchbar. Das heißt, der Kunde bucht als Basis ein Zimmer mit Frühstück oder Halbpension und zahlt dann zusätzlich für eine All-inclusive-Pauschale (Essen und Trinken, Sport, Fitness und Unterhaltung).

„Wir sind das erste All-inclusive-Hotel in Deutschland gewesen und damit ein bisschen der Vorreiter“, sagt Werner Kutter, Hoteldirektor des Steigenberger Resort Hotels auf Rügen. Die 85 Hektar große Ferienanlage am Nationalpark Jasmund ist bei allen großen Veranstaltern im Programm. Bei der Teilumstellung auf All-inclusive, gesteht Kutter, habe man sich mit der Preisfindung und dem Nebeneinander der verschiedenen Angebote (Übernachtung/Frühstück, Halbpension und AI) etwas schwer getan. Dass jeder zweite Gast heute den All-inclusive-Aufschlag (49 Euro pro Person und Tag) zubucht, ist für den Hoteldirektor „ein großer Erfolg“.

Der Sonnenpark in Willingen (Sauerland), der zur Hotelkooperation der Familotels gehört, wirbt als der „ultimative AI-Familyclub“. Seit Dezember 2003 ist hier (fast) alles AI – die Gäste können nur noch zwischen „AI-Optimal“ (einer erweiterten Halbpension) und „AI Premium“ (zusätzlich Mittagsbüfett oder Lunchpaket) wählen. Allerdings gab es in den ersten drei Monaten zehn Prozent weniger Buchungen, weil solche Gäste, die sich früher in Ferienapartments selbst verpflegt hatten, jetzt nicht mehr kommen.

Siegfried Prange, Geschäftsführer der Familotels, kann sich dennoch vorstellen, dass ein Viertel bis ein Drittel der 35 Familotel-Betriebe komplett auf Inklusivangebote umgestellt wird. Allerdings müssten bei dieser „industriellen Organisationsform“ die Mehrkosten bei der Verpflegung durch Einsparungen beim Personal ausgeglichen werden.

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