piwik no script img

Berliner Landesfinanzen„Winter is coming“

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zitiert im Parlament aus „Game of Thrones“, um auf die Milliarden schweren Kürzungen im Haushalt vorzubereiten.

Nicht nur „Game of Thrones“-Figuren müssen sich warm anziehen – der Finanzsenator stimmt auch Berlin auf einen Haushaltswinter ein Foto: picture alliance/dpa

Berlin taz | Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat schon manches Mal versucht, dem Senat, dem Abgeordnetenhaus und ganz Berlin ein Gefühl für die anstehenden Milliarden-Einschnitte im Landeshaushalt zu vermitteln. Ein so finsteres Bild wie am Mittwoch im Hauptausschuss des Parlaments hat er aber noch nie gebraucht. „Winter is coming“, sagte Evers – was an sich nicht weiter bemerkenswert wäre und in 16 Tagen Fakt ist, hätte er sich dabei nicht ausdrücklich auf die Fantasy-Serie „Game of Thrones“ bezogen. Denn dort dauern Jahreszeiten nicht nur drei Monate – und nach einem zu Ende gehenden zehn Jahre langen Sommer droht ein ebenso langer harter Winter.

Nun ist Evers oft für eine Zuspitzung gut. Aber er ist längst über die Zeit hinaus, als er 2017, damals noch Generalsekretär der Landes-CDU, mit Blick auf die Rigaer Straße 94 entgleisend forderte: „Räuchert dieses Nest von Linksfaschisten aus“. Es dürfte also ernst zu nehmen sein, wenn er metaphorisch einen Winter unbestimmter Dauer ankündigt.

Nach der Wortwahl der schwarz-roten Koalition soll nach einem „Herbst der Entscheidungen“ ein „Winter der Umsetzung“ folgen. Evers beteuerte, die Koalition werde ihr Versprechen halten, ihre Sparpläne bis Ende November vorzulegen. „Da werden Sie sich noch einige Tage gedulden müssen“, entgegnete er vor allem den Abgeordneten André Schulze (Grüne), Sebastian Schlüsselburg und Steffen Zillich (beide Linksfraktion). Die drängten am Mittwoch, wie schon seit vielen Wochen, auf Klarheit bei Kürzungen und Investitionen.

Bei seiner Reaktion darauf ließ Evers erkennen, dass er in der Haushaltspolitik von Schwarz-Rot nicht die zentrale Figur ist. Wenn er „mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet wäre, dann hätten Sie diese Klarheit seit einem halben Jahr“, sagte er. Für die Demokratie sei es aber gut, dass er diese Vollmachten nicht habe und es deshalb etwas länger dauere.

Entscheidung am Wochenende?

Auch der jüngst aus der Linkspartei ausgetretene, ihrer Parlamentsfraktion aber weiter angehörende Abgeordnete Schlüsselburg sah die wahre Macht in anderen Händen: Er sprach von den „Kürzungskommissaren Melzer und Schneider“, den parlamentarischen Geschäftsführern und führenden Finanzpolitikern der CDU- und SPD-Fraktion. Die werden am Wochenende angeblich zu einem entscheidenden Treffen unter anderem mit Regierungschef Kai Wegner (CDU) zusammen sitzen, der dann von seiner USA-Dienstreise zurück sein soll.

Mit Blick auf die bislang fehlende genaue Investitionsplanung versprach Evers, dass diese bis Jahresende vorliegt. Und warnte auch hier vor quasi winterlichen Verhältnissen: „Es werden Träume zerplatzen am Horizont.“ Denn Planung und Versprechen früherer Jahre waren aus seiner Sicht unrealistisch. Oder in Evers’scher Bildsprache: „Es ist zu viel ins Schaufenster gestellt worden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Hier, tief im Westen,



    wird es üblicherweise erst kalt, wenn die Großwetterlage aus dem Osten bestimmt wird.



    Jahrzehnte der Sozialdemokratie war das so üblich. Nun haben wir ja mal wieder die CDU.



    Wer in den Grünen ein soziales Korrektiv vermutete, darf sich, mit Blick auf NRW, eines Besseren belehren lassen: Die Mittel für Träger sozialer Einrichtungen von Kitas bis zur Aidshilfe werden um 30% gekürzt.



    Das sollte zu denken geben.



    An den Beispielen NRW und Schleswig Holstein ist abzulesen, was man und frau von schwarz grün zu erwarten hat: Machtpolitik.



    Pöstchenvergabe ist Hauptthema.



    (Grüne) Inhalte werden bedeutungslos.



    Dass Schleswig Holstein die Jagdsaison auf Wildgänse verlängert hat, ist wenig überraschend, bei einer Bundesumweltministerin, die den Wolf zum Abschuss frei gibt.



    Der Anspruch der Grünen, die SPD sozial zu beerben hat sich jedenfalls in Luft aufgelöst.



    Dass Berlin sich größer machte, als die Realität es hergibt, bringt natürlich zusätzliche Probleme mit sich.



    Aber auch hier, wo es nicht an EinwohnerInnen mangelt, gibt es Probleme.



    Rot grün war für NRW die bessere Wahl .



    Soziale Kälte ist eben kein Standortproblem, sondern politischer Wille. Also: Merz wählen😜