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Abschiebungen nach TadschikistanNicht oppositionell genug

Erneut soll ein Oppositioneller nach Tadschikistan abgeschoben werden. In zwei früheren Fällen wanderten die Betroffenen für Jahre in den Knast.

Oppositioneller Protest beim Besuch des tadschkischen Präsidenten Emomalij Rahmon in Berlin im September 2023 Foto: Filip Singer/epa

Bochum taz | Trotz drohender Haft und Folter setzt die Bundesrepublik weiter auf die Abschiebung von Oppositionellen nach Tadschikistan. Schon am Mittwoch könnte der Regimegegner Dilmurod Ergashev, Mitglied der in dem zentralasiatischen Land verbotenen „Gruppe 24“, in die Hände des Geheimdiensts des autoritär herrschenden Präsidenten Emomalij Rahmon gelangen.

Der 40-Jährige lebt seit 2011 in Deutschland. Ergashev war in der vergangenen Woche in der Ausländerbehörde seines Wohnorts Kleve am Niederrhein verhaftet worden und saß danach im nordrhein-westfälischen Abschiebegefängnis in Büren ein – sein Mobiltelefon war Dienstagmittag nicht mehr erreichbar. Am Mittwochmorgen könnte er vom Flughafen Düsseldorf aus über Istanbul in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe abgeschoben werden.

Ihm droht damit ein ähnliches Schicksal wie den Oppositionellen Abdullohi Shamsiddin und Bilol Qurbonaliev, die 2023 nach ihrer Abschiebung nach Tadschikistan direkt verhaftet wurden. Shamsiddin wurde daraufhin nach nur zweitägigem Schauprozess zu einer 7-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die taz hatte darüber berichtet. Qurbonaliev wurde zu 10 Jahren Strafhaft verurteilt.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, das norwegische Helsinki-Komitee und die Organisation Freedom for Eurasia kritisieren die drohende Abschiebung massiv. Ergashev drohe nicht nur langjährige Haft, sondern auch Folter, argumentieren sie. Er habe nicht nur gegen die Abschiebung Shamsiddins protestiert, sondern auch beim Deutschlandbesuch von Präsident Rahmon im September 2023 vor der tadschikischen Botschaft demonstriert.

Eilantrag abgewiesen

In der Vergangenheit wurden Oppositionelle bereits im tadschikischen Staatsfernsehen als angebliche Terroristen mit deutlichen Spuren von Misshandlung vorgeführt. „Eine ähnliche Abschiebung darf sich jetzt in Kleve nicht wiederholen“, fordert deshalb auch Sebastian Rose vom Abschiebungsreporting NRW.

In Tadschikistan gilt Ergashev als politischer Aktivist

Hugh Williamson, Human Rights Watch

Deutsche Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und der Kreis Kleve halten Ergashevs Abschiebung dennoch für gerechtfertigt. Ihm werde vorgeworfen, seine wahre Identität zwischen 2011 und 2017 verschleiert zu haben, offenbar aus Angst vor einer erzwungenen Rückführung, sagte Ergashevs Anwältin Anna Wottke der taz.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf folgte am Dienstagmorgen der Bamf-Argumentation: Ergashevs oppositionelle Aktivitäten seien nicht intensiv genug, um eine Verfolgung in Tadschikistan wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Das Gericht wies einen Eilantrag gegen die unmittelbar drohende Abschiebung ab.

„Kern der Argumentation ist, mein Mandant suche nur die Nähe zu Oppositionellen, um Gründe für einen Asylanspruch zu konstruieren und so in Deutschland arbeiten zu können“, kritisiert Anwältin Wottke. Dabei habe Ergashev nicht nur in Berlin gegen Machthaber Rahmon protestiert, sondern nehme regelmäßig an Treffen der Opposition teil. Das bestätigt auch der Vorsitzende der Dissidentenbewegung „Reformen und Entwicklung Tadschikistans“, Sharofiddin Gadoev.

„In Tadschikistan gilt Ergashev als Oppositioneller, als politischer Aktivist“, warnt hingegen Hugh Williamson von Human Rights Watch: „Es ist sicher, dass er nach einer Abschiebung wie Shamsiddin und Qurbonaliev jahrelang ins Gefängnis kommt. Deutschland muss das verhindern.“

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