das wird: Wider bloße Glaubenssätze
Wer es schwarz-weiß braucht, hat es hier schwer: Benny Morris' Buch über die israelische Staatsgründung wird im Norden präsentiert
Von Alexander Diehl
Was derzeit in Teilen der Linken passiert, der gleichnamigen Partei, aber auch darum herum, dieses Sich-Zerfleischen über den Nahostkonflikt, über Fragen der Solidarität und darüber, was nun Konsequenz zu sein hätte aus dem genuin deutschen Projekt, das Judentum auszulöschen mindestens in und aus Europa: Kaum etwas davon geschieht gerade zum ersten Mal.
Buchvorstellungen:
heute, 19 Uhr, Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek. Zu Gast sind Johannes Bruns und Peter Kathmann (Übersetzer des Buchs) sowie Andreas Stahl (Gesellschaft für kritische Bildung), Anmeldung nötig unter kontakt@dighamburg.de
Di, 12. 11., 18.30 Uhr, Kiel, Audimax, Christian-Albrechts Platz 2, Hörsaal D. Zu Gast sind Peter Kathmann und Tim Stosberg (Gesellschaft für kritische Bildung)
Unter anderem im Kreis der Stipendiat:innen der Rosa-Luxemburg-Stiftung kam es um das Jahr 2011 herum zu ähnlich gelagerten, mitunter als „unappetitlich“ bezeichneten Auseinandersetzungen. Eine Reaktion war damals der Versuch, durch die gezielte Injektion historischen Wissens beizutragen zu einem besseren Verständnis des Konflikts und seiner Gründe: Wer wann wem welches Stück Land versprochen hatte, zum Beispiel, oder wer wann wen aus seiner Heimat vertrieben.
„1948. Der erste arabisch-israelische Krieg“: Im vergangenen Jahr erst erschien eine deutsche Fassung (Hentrich & Hentrich, 646 S., 32 Euro) eines Buchs zum Thema, das der inzwischen emeritierte israelische Historiker Benny Morris schon 2008 vorgelegt hatte – und man könnte da ein entfernt verwandtes Projekt erkennen: „Den Legenden über die israelische Staatsgründung eine Geschichte entgegenhalten, die quellenbasiert und voller Widersprüche ist“, so fasste die taz das Anliegen einer Buchvorstellung im vergangenen Februar an der FU Berlin, und viele Rezensionen anerkennen das Ringen des „Neuen Historikers“ Morris um Ausgewogenheit.
„Die dunkle Seite des Krieges bleibt bis heute meist unangetastet“, hat er der taz gesagt, und dass es eine lange unwidersprochene „zionistische Geschichtsschreibung zum 1948er-Krieg“ gegeben habe, „wenig selbstkritisch und verzerrend in Bezug auf das Agieren der arabischen Seite“ – die wiederum ihre eigenen bequemen Auslassungen und Einäugigkeiten pflegt, bis heute eine Art Underdog-Kitsch kultiviert. Mit Faktenwissen die Glaubenssysteme auf beiden Seiten wenigstens ins Schwingen zu bringen: Es wäre zu schön. Aber werden jene, die es am dringendsten müssten, das Buch lesen?
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