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Tropensturm in KubaNach dem Stromausfall kam der Sturm

Tropensturm „Oscar“ ist auf die karibische Insel Kuba getroffen. Die war schon zuvor tagelang ohne Elektrizität, weil das größte Kraftwerk ausfiel.

In Kuba ist das gesamte Stromnetz zusammengebrochen; im Hintergrund ein schwimmender Generator, der keinen Strom mehr produziert Foto: Ramon Espinosa/ap/dpa

Hamburg taz | Dann kam auch noch der Sturm: „Oscar“ hat an der östlichen Nordküste Kubas am späten Sonntag und Montag für schwere Regenfälle und Überschwemmungen gesorgt. Dabei ist die Insel sowieso schon im Ausnahmezustand.

Ab Freitagvormittag herrschte inselweit Stromausfall. Das größte Kraftwerk der Insel, das den Namen Antonio Guiteras trägt und mit Öl betrieben wird, ging plötzlich vom Netz. In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu stundenlangen Stromausfällen gekommen, weil das Kraftwerk in der Bucht von Matanzas mehrfach havarierte.

Auch das Ölkraftwerk Antonio Maceo in Santiago de Cuba funktioniert trotz mehrmonatiger Reparaturen im vergangenen Jahr immer noch nicht reibungslos. Davon zeugen die Generatorschiffe aus der Türkei, die im Hafen der Stadt liegen und zusätzlichen Strom liefern. Die schwimmenden Kraftwerke sind auch in Havanna zu sehen und längst ein Symbol für ein Stromsystem, das seit 2020 immer häufiger schlapp macht.

Fehlender Treibstoff ist dabei allerdings nur ein untergeordnetes Problem. Das war 1993 anders, als schon einmal Stromabschaltungen Kuba über Jahre prägten, die sogenannten apagones. Deren Rückkehr in den Jahren seit 2020 ist jedoch weniger auf den Mangel an Erdöl aus eigener Produktion und aus dem Import aus Venezuela, Mexiko oder Russland zurückzuführen.

Viele Techniker wandern aus

Das Problem liegt in überalterten Anlagen, fehlender Wartung und zum Teil auch im latenten Ersatzteilmangel, erklärt Pavel Vidal, kubanischer Ökonom und Finanzspezialist. „Kuba hat schlicht nicht oder zu wenig in den Erhalt, die Modernisierung und die Erneuerung der Anlagen investiert“, sagt der im kolumbianischen Cali lebende Analyst. „Das wird nun zum Bumerang, zumal mehrere Tausend Elektrotechniker gekündigt haben“.

Etliche der Techniker hatten schlicht die Nase voll davon, in einem maroden System immer wieder Flickwerk zu betreiben. Viele von ihnen sind zudem ausgewandert, weil die Lebensbedingungen auf der Insel extrem prekär sind. Dazu trägt das heruntergewirtschaftete Energiesystem bei.

Das Ausbleiben des Stroms sorgt dafür, dass Essen in Kühlschränken und Kühltruhen verdirbt oder Air Conditioning und Ventilatoren ausfallen. Verantwortlich dafür macht der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel reflexartig die USA und deren Embargopolitik.

Doch die Blockade, wie sie in Kuba genannt wird, ist nur partiell für die Probleme verantwortlich. Zum einen ist das Gros der sieben Kraftwerke, über die die Insel laut Netzbetreiber Unión Eléctrica verfügt, aus sowjetischer und nicht aus US-amerikanischer Produktion. Der Mangel an Ersatzeilen ist folgerichtig kaum auf die US-Politik zurückzuführen.

Der latente Strommangel bremst die ökonomische Dynamik. Er ist ein Grund dafür, dass die Inselökonomie im vergangenen Jahr um 1,9 Prozent schrumpfte. Das könnte sich in diesem Jahr wiederholen. Stromausfälle sind dabei ein Faktor, der andere ist die anhaltende Auswanderung.

Unterdessen hat Präsident Díaz-Canel angekündigt, die Regierung werde keine Unruhen dulden, nachdem es in Havanna am Samstag erste Proteste gegeben hatte. Energieminister Vicente de la O Levy verkündete am Sonntag vor Journalisten, dass die Stromversorgung für die meisten Kubaner bis Montagabend wiederhergestellt sein werde.

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2 Kommentare

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  • Leider geht es in kommunistischen Systemen stetig bergab, das hat die Geschichte bisher gut gezeigt. Entweder sie gehen irgendwann kaputt, oder sie werden zu ner Art Hölle auf Erden, wie Nordkorea.



    Was eigentlich schade ist, denn natürlich steckt im Kern der Philosophie viel gutes.

    Aber der Kommunismus ist halt anders als der Kapitalismus eine Ideologie die nie auf gesellschaftlichen Konsens stößt. Er hat viele Gegner. Also kann man in kommunistischen Systemen nie völlige Demokratie zulassen, das wäre das Ende des Systems.



    Also läuft es immer auf Vetternwirtschaft hinaus, bzw Genossenwirtschaft wäre vllt der bessere Ausdruck.

    Alle Länder stehen wirtschaftlich allerdings in Konkurrenz zueinander, und so ist es auch gut Nachvollziehbar, warum Systeme die nicht "auf den Besten" sondern auf den Genossen setzen, über kurz oder lang immer gegen freie Systeme wo der beste (zumindest meistens) zum Zuge kommt, verlieren werden.

    Ich verstehe aber jeden der in jungen Jahren kommunistisch denkt. Habe ich auch. Wie schon gesagt, im Kern steckt in der Ideologie viel Gerechtigkeit. In der Realität ist es allerdings immer zum scheitern verurteilt...

    Ich hoffe Kuba wird irgendwann Frei sein...

  • Selbst schuld.

    Ersatzteile der Maschinen können selbst geschmiedet werden, wenn von den Bauteilen die Pläne noch vorhanden sind.



    Und eine bessere Bezahlung und bessere Motivation für die Arbeiter wäre auch nicht verkehrt. Mehr Urlaub geben, anstatt nur 7 Tage im Jahr??? Aber nein, die Paläste und das Prestige des Präsidenten sind wichtiger.