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Der Neu-Pirat

Die Piraten sind nun auch in der Lübecker Bürgerschaft vertreten. Und das wegen eines Parteiübertritts: Oliver Dedow, 44, Rechtsanwalt, ist seit drei Tagen Mitglied der Partei, über die ganz Deutschland spricht. Ganz Lübeck spricht jetzt über den Wechsel Dedows, der Fraktionsvorsitzender und Gründungsmitglied der Bürger für Lübeck (BfL) war. „Fahnenflucht“, „Opportunismus“, „Skandal“. Die Kritik ließ nicht auf sich warten. Dedow sieht das gelassen und spricht lieber von einem „Neustart“.

Und der sieht dann ungefähr so aus: Hier der bürgerliche Wählerbund, der mit „Vernetzung“ nicht etwa das Internet meint, sondern die trockene Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik. Dort die jungen Piraten, die für informationelle Selbstbestimmung und Datenfreiheit eintreten. Dedow, der gerne Schach spielt, hält seinen Zug für konsequent. Vor vier Jahren gründete er die BfL als transparenten Gegenpol zu den etablierten Lagern. Nicht viel übrig geblieben sei von seiner damaligen Idee. „Private Empfindlichkeiten, Postenspiele und verdeckte Absprachen“ waren trotz des Wahlerfolgs bei den Kommunalwahlen 2008 in den Vordergrund gerückt, erklärt er.

Bei den Piraten wird jetzt also alles besser. Begeistert ist der Strafverteidiger von der Idee der Mitbestimmung. „Da geht es von unten nach oben und nicht umgekehrt.“ Auf dem Mitglieder-Stammtisch hat er sich bereits davon überzeugen können. Dass der 44-Jährige Lübecker da nicht reinpassen könnte, glaubt er nicht. Die Partei sei jetzt schon ein Sammelbecken für unterschiedliche Charaktere. Etwaige IT-Schwächen werde er schnell ausbessern: „Die haben mir eine Schulung in Aussicht gestellt.“

Mit seinem kommunalpolitischen Wissen will er die Arbeit der Piraten befruchten. Als Jurist müsse er aber bei manchen urheberrechtlichen Träumereien auf die Bremse treten. Um einen aussichtsreichen Listenplatz für die Landtagswahl geht es dem Neu-Piraten indes nicht. Die seien schon seit Wochen vergeben. Ihm gehe es „ums Prinzip“.  JRA

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