Chilenischer Autor Antonio Skármeta tot: Ein Leben lang gegen die Diktatur
Antonio Skármeta war eine der bedeutendsten Stimmen Lateinamerikas. Sein Schreiben über Exil und die chilenische Diktatur war zutiefst menschlich.
Ursprünglich hatte Skármeta den Streifen 1983 unter dem Titel „Mit brennender Geduld“ in Schwarzweiß in eigener Regie gedreht. Das Buch zum Film wurde ein Bestseller und begründete seinen Ruf als eine der bedeutendsten Stimmen aus Lateinamerika. Mit zehn Romanen, mehreren Erzählbänden, Theaterstücken und Kinderbüchern hinterlässt er ein großes Werk.
In Skármetas Lebensweg überlagern sich das Künstlerische und das Politische auf einzigartige Weise. Als Exilant kam er als Gast des Berliner Künstlerprogramms 1975 nach Deutschland – ohne die leiseste Ahnung der Sprache. Doch es war nicht seine Art, sich in die Kreise anderer südamerikanischer Exilanten in der geteilten Stadt zurückzuziehen. Er suchte regen Kontakt zu seinen deutschen und internationalen Kollegen.
Geboren wurde Skármeta 1940 als Sohn kroatischer Einwanderer in Antofagasta, einem rauen Küstenort Nordchiles. Er studierte Philosophie an der Universidad de Chile, 1964 reiste er in die USA, an der New Yorker Columbia-Universität erlangte er einen Master. Mit an seiner Seite war damals seine erste Ehefrau, die chilenische Malerin Cecilia Boisier, mit der er zwei Kinder bekam.
Die zwei Jahre in den USA erweiterten seinen Horizont. Er tauchte in die Film- und Musicalszene Manhattans ein und studierte Theater bei Paul Kozelka. Nach der Rückkehr nach Chile arbeitet er als Theaterdirektor und Hochschullehrer für Philosophie und Literatur an der Universität von Chile. Sein erster Erzählband „El entusiasmo“ erschien 1967.
Politisch engagierte er sich im marxistischen Movimiento de Acción Popular Unitaria (Mapu), das als Teil des Wahlbündnisses „Unidad Popular“ Salvador Allende zur Präsidentschaft verhilft. Nach dem Staatsstreich durch Augusto Pinochet flieht er nach Argentinien ins Exil. Schließlich kommt er nach Westdeutschland, wo er seinen ersten Roman schreibt, der 1978 unter dem Titel „Ich träumte, der Schnee brennt“ im Aufbau-Verlag erscheint. Darin schildert er ein Chile zwischen revolutionärem Aufbruch und Putsch aus der Perspektive eines jungen Protagonisten.
1989 kehrt Chile zur Demokratie und Skármeta in sein Heimatland zurück, bis ihn Präsident Ricardo Lagos von 2000 bis 2003 als Botschafter wieder zurück nach Deutschland schickte. Sein letzter großer Streich war wieder ein Drehbuch. Diesmal zu dem Spielfilm „No!“ (2012, Regie: Pablo Larrain), das auf Skármetas Theaterstück „El plebiscito“ basiert. Der Film zeigt die Kampagne der Pinochet-Gegner, denen es mit farbenfrohen Werbebotschaften gelingt, ein Referendum über dessen Verbleib im Präsidentenamt 1988 für sich zu entscheiden.
Die Themen Diktatur und Exil haben Skármeta sein Leben lang beschäftigt. Seine Erzählungen und Romane waren nie verbitterte Pamphlete, sondern stets humorvoll, beschrieben Figuren mit zutiefst menschlichen Zügen.
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