Landtagswahl in Österreich: Vorarlberg wählt viel mehr Blau

Die rechtsradikale FPÖ marschiert in Österreich weiter durch. Sogar im liberalen Vorarlberg hat sie Chancen auf eine Regierungsbeteiligung.

Der Österreich Wallner schaut nach oben und streckt den rechten Arm zur Seite aus

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Sonntag bei der Vorarlberger Landtagswahl: Koaliert er mit der FPÖ? Foto: Barbara Gindl/APA/dpa

WIEN taz | Während Österreich vor schwierigen Regierungsverhandlungen auf Bundesebene steht, setzt die rechtsradikale FPÖ ihre Erfolgswelle auf Landesebene fort: Nach der EU-Wahl und der Parlamentswahl, wo sie auf Platz eins landete, hat sie auch bei der Landtagswahl in Vorarlberg deutlich dazugewonnen. Sie verdoppelte sich in Österreichs zweitkleinstem Bundesland – rund 410.000 Menschen leben dort – von knapp 14 Prozent auf 27,8 Prozent.

Die konservative ÖVP hingegen konnte mit etwa 38,6 Prozent – 2019 erreichte sie noch 43,5 Prozent – ihren ersten Platz deutlicher als erwartet verteidigen. Weit abgeschlagen liegen die in Vorarlberg traditionell schwache SPÖ (rund 9 Prozent) sowie die Grünen (etwa 12,5 Prozent). Sie waren vor fünf Jahren mit knapp 19 Prozent noch auf Platz zwei gelandet und regierten die letzten zehn Jahre als Juniorpartner der ÖVP. Die liberalen Neos blieben in etwa gleich stark bei neun Prozent. Alle anderen Listen, unter anderem die KPÖ, landeten deutlich unter der Vierprozenthürde für den Einzug in den Landtag.

Der seit 13 Jahren amtierende Landeshauptmann Markus Wallner wird also weiter Chef im Bregenzer Landhaus bleiben. Doch statt einer Verlängerung der schwarz-grünen Koalition steht nun auch eine Regierung zusammen mit der FPÖ zur Diskussion. Landeshauptmann Wallner ließ sich im Wahlkampf alle Optionen offen und äußerte keine Präferenz.

Das gute Abschneiden der FPÖ ist bemerkenswert, weil Vorarlberg trotz gelegentlicher Erfolge nicht als FPÖ-Hochburg gilt. Seit 1945 war durchgehend die konservative ÖVP die bestimmende Kraft. Bis 2014 regierte sie fast durchgehend mit absoluter Mehrheit, bevor es zu zwei Legislaturperioden zusammen mit den Grünen kam.

Rückenwind für Verhandlungen im Bund?

Der Wahlkampf verlief – wie auch auf Bundesebene – weitgehend ruhig. Zu den wichtigsten Themen zählten die Wohnungsnot und die immensen Immobilienpreise. Österreichweit sind diese in Vorarlberg mit am höchsten. Wichtige Themen waren zudem der Bau der umstrittenen Bodensee-Schnellstraße (S18), den Wallner vehement einforderte. Die Grünen lehnen diesen auch auf Bundesebene ab. Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs war wiederum Kernforderung der Grünen.

Klar ist: Die Stoßrichtung nach rechtsaußen hat nun auch jenes Bundesland erreicht, das unter anderem wegen vieler Pendler nach Deutschland und in die Schweiz als liberal und weltoffen gilt. Die FPÖ konnte dazugewinnen, obwohl die wirtschaftliche Lage in Vorarlberg vergleichsweise gut ist. Die exportorientierte Industrie ist erfolgreich, die Durchschnittseinkommen sind hoch, die Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig.

Der FPÖ könnte das Ergebnis Rückenwind in den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene verleihen. Zwar haben fast alle Parteien, insbesondere die SPÖ, eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen. Die ÖVP war aber weniger kategorisch. Nur eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl schloss die Partei aus. Der aber will an der Spitze bleiben. Abzuwarten bleibt also, ob alle bei ihrem Wort bleiben.

Weitere Erfolge dürfte die FPÖ in den kommenden Landtagswahlen in der Steiermark und dem Burgenland feiern. Von überregionaler Bedeutung und durchaus möglich wäre ein FPÖ-Sieg in der Steiermark, die bisher abwechselnd von SPÖ und ÖVP regiert wurde. Die Steiermark wäre nach Kärnten dann das zweite Bundesland unter einer FPÖ-Führung.

In Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg sitzt die rechtsradikale Partei bereits als Juniorpartner in den Landesregierungen. Durchaus wahrscheinlich ist dies nun auch in Vorarlberg. Es besteht kein Zweifel: Österreich färbt sich zunehmend blau.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben