Clubsterben in Berlin: Die „Kirche von Unten“ soll gehen

Dem seit Tagen der DDR-Opposition existierenden subkulturellen Club Kirche von unten wurde gekündigt. Doch aufgeben wollen die Betreiber noch nicht.

discokugel

De Kündigung der KVU fällt in eine Zeit, in der zahlreiche Clubs ihrem Ende entgegengehen Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | „Wer kennt sie nicht, die KVU, die Kirche von unten?“ Diese Frage stellte der Berliner Musiker Paul Geigerzähler schon vor elf Jahren, als eine Kampagne verhinderte, dass dieser wichtige Ort der Ostberliner Subkultur verschwand. Damals wurde KVU von Investoren aus ihrem Domizil im Prenzlauer Berg verdrängt, konnte aber in der Storkower Straße unterkommen.

Doch wie lange sie dort noch bleiben kann, ist ungewiss. „Wir werden (nun schon zum 2ten Mal) aus unseren heiligen Hallen geschmissen“, heißt es auf ihrer Homepage. Die Kündigung erfolgte bereits Ende August. Die KVU-Betreiber*innen gehen davon aus, dass sie eine Kündigungsfrist von sechs Monaten haben und sie bis dahin ihr Programm aus Kultur, Politik, Lesungen, Ausstellungen und Workshops in den Räumen fortsetzen können.

Die An­wäl­t*in­nen der Eigentümer hingegen wollen der KVU nur eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zubilligen. Demnach wäre der Vertrag schon jetzt beendet. Darüber werden nun Gerichte entscheiden.

Die KVU ist einer der wenigen Orte der linken DDR-Opposition. 1987 bildete sich auf dem Evangelischen Kirchentag der DDR ein Raum für offene Jugendarbeit im Rahmen der Kirche von unten. „Hier wurde der Grundstein gelegt, selbstbestimmt gegen Ausgrenzung zu kämpfen und dabei auch seine Kultur zu entwickeln“, erzählt Paul Geigerzähler heute. Inzwischen seien diese „emanzipatorischen Impulse aus der DDR-Opposition deutlich schwächer geworden“. Darin sieht der Musiker auch einen Grund, warum die Reaktion auf die neue Kündigung erst langsam anläuft. Heute ist das Kürzel KVU eben nicht mehr sehr bekannt.

Die KVU erhält viel Unterstützung

„Allerdings sind in der Zeit auch viele junge Leute dazugekommen, die bei der KVU mitarbeiten“, betont Jochen, ein Mitarbeiter des Clubs. Ermutigend sei auch, dass in den letzten Wochen schon zahlreiche Unterstützungsangebote bei der KVU eingegangen sind, obwohl sie noch keine Öffentlichkeitsarbeit gemacht hat.

De Kündigung fällt in eine Zeit, in der zahlreiche Clubs ihrem Ende entgegengehen. Das Freizeitverhalten ändert sich, dadurch sinken die Einnahmen, und der Stress für die Be­trei­be­r*in­nen und Mit­ar­bei­te­r*in­nen wächst. Deshalb musste im Dezember 2023 bereits der linksalternative Club Mensch Meier direkt neben dem KVU schließen. Dort ist eine Großdiskothek eingezogen. Damit ist auch die solidarische Nachbarschaft, die es zwischen dem Publikum der beiden Orte gegeben hat, zu Ende gegangen.

Das Grundstück in der Storkower Straße gehört der Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft Delphi, deren Gründer Rolf Wegener 2010 in Zusammenhang mit Parteispenden in die Schlagzeilen geraten war. Laut Süddeutscher Zeitung finanzierte Wegener die FDP in NRW, die unter ihrem damaligen Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann mit explizit antiisraelischen Parolen auf Stimmenfang gegangen ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.