Anreize für Arbeitsaufnahme: Zoff über Prämie für Arbeitslose

Das Bundeskabinett war sich einig. Doch plötzlich will in den Regierungsfraktionen niemand mehr 1.000 Euro für eine Jobaufnahme zahlen.

Zwei Personen gehen die Treppe zu einer Arbeitsagentur hinauf

Die Anschubfinanzierung für Langzeitarbeitslose trifft auf Kritik Foto: Arne Dedert/dpa

Berlin taz | Die Kritik an der geplanten Prämie für Langzeitarbeitslose hält an – und sie kommt auch aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP. Die Bild-Zeitung betitelte das Vorhaben spöttisch als „Arsch-hoch-Prämie“. Zur Erinnerung: Vergangene Woche hatte das Bundeskabinett Änderungen für Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen beschlossen.

Dazu gehören unter anderem schärfere Sanktionen, wenn Arbeit abgelehnt wird. Aber eben auch die sogenannte Anschubfinanzierung für Langzeitarbeitslose. Menschen, die für längere Zeit erwerbslos sind, sollen eine Prämie von 1.000 Euro bekommen, wenn sie einen sozialversicherungspflichtigen Job annehmen und ihn mindestens für ein Jahr behalten.

An diesem Vorhaben gibt es Kritik. „Wie will man das den Millionen Arbeitnehmern in Deutschland erklären, die jeden Tag das Land am Laufen halten?“, fragte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der Bild. Doch auch in den Regierungsparteien stieß die Idee der Prämie auf Ablehnung.

Dagegen sprächen „viele fachliche Argumente“, erklärte etwa Martin Rosemann, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der taz. Für die meisten Bürgergeldbeziehenden sei „die Frage, ob sie arbeiten oder nicht, keine finanzielle Frage“. Es gehe vielmehr um fehlende Berufsabschlüsse, Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung oder gesundheitliche Probleme. Solche Vermittlungshemmnisse ließen „sich mit einer einmaligen Prämie nicht lösen“.

Müller-Gemmeke (Grüne) kritisiert das Vorhaben

Auch der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler forderte, das Vorhaben zu stoppen, und verwies auf die angespannte Haushaltslage. Anders argumentierte die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Grüne), die sich aber auch gegen die Prämie aussprach. „Langzeitarbeitslose Menschen wollen arbeiten, auch ohne Prämie“, erklärte sie der taz.

Sie kritisierte, dass „Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern nicht von der Prämie profitieren könnten, weil sie trotz Arbeit häufig zusätzlich auf Bürgergeld angewiesen sind“. Besser sei es daher, die Freibeträge zu erhöhen, „damit die Menschen mehr von ihrem Lohn behalten können“.

Das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium verteidigte in einer Erklärung das Vorhaben. Damit solle „die Aufnahme regulärer, dauerhafter Beschäftigungsverhältnisse gestärkt werden“. Die Prämie bilde „ein Gegengewicht zu den hohen Transferentzugsraten bei Aufnahme einer Beschäftigung aus dem Bürgergeld heraus“. Zudem erhofft sich das Ministerium auch „relevante Kostenersparnisse“.

Das Wirtschaftsministerium betonte, dass es ein „gemeinsames Vorhaben der Bundesregierung“ sei, das im Rahmen der Wachstumsinitiative auf den Weg gebracht worden sei. Das Bundesarbeitsministerium hielt sich auf Nachfrage bedeckt: Das weitere Verfahren liege „nun in den Händen des Parlaments“.

Die Grundidee stammt vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB Nürnberg). Dort wird argumentiert, dass zu hohe Freibeträge negative Folgen hätten. Dadurch „würde insbesondere der Niedriglohnsektor durch aufstockende Leistungen umfassend subventioniert“. Das wäre bei einer Anschubhilfe nicht der Fall.

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