Intel stoppt Chipfabrik: Erstmal keine Chips aus Magdeburg

30 Milliarden Euro wollte Intel in eine Fabrik in Magdeburg investieren. Nun legt der Konzern die Pläne vorerst auf Eis. Der Kanzler hofft noch.

Bagger stehen still in einer Reihe

Baustopp in Magdeburg. Intel errichtet hier vorerst keine neue Fabrik Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Astana taz | Unerwarteter Geldsegen für die Bundesregierung: Die knapp 10 Milliarden Euro an staatlichen Hilfen, die für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg verplant waren, werden vorläufig nicht gebraucht. Der amerikanische Konzern Intel verschiebt das Projekt in Deutschland bis auf Weiteres. Intel-Firmenchef Pat Gelsinger kündigte zwar an, dass der Fabrikneubau in Magdeburg nur um etwa zwei Jahre nach hinten verlegt werde – aber abhängig von der zu erwartenden Nachfrage. Schon zuvor hatte der kriselnde Konzern ein Sparprogramm eingeleitet.

Abgesehen von den neuen finanziellen Freiräumen ist die Vollbremsung für den Bau der Chipfabrik aber ein schwerer Rückschlag für die Halbleiterstrategie der Bundesregierung und für das Land Sachsen-Anhalt. 30 Milliarden Euro wollte Intel in Magdeburg investieren, 3.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Der Spatenstich sollte noch in diesem Jahr erfolgen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte mehrfach betont, wie wichtig diese und andere Ansiedlungen für den Standort Deutschland seien. Deutschland sei dabei, zu einem der bedeutendsten Halbleiterstandorte weltweit zu werden, die 30 Milliarden von Intel seien die größte Einzelinvestition in der Geschichte Europas, erklärte er etwa beim NRW-Unternehmertag vor einem Jahr.

Die Nachricht vom Stopp des Vorhabens erreichte den Kanzler am Montagabend in der kasachischen Hauptstadt Astana, wo sich Scholz zum Wirtschaftsgipfel mit den Präsidenten der fünf zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan traf.

Am Rande des Treffens sagte Scholz am Dienstag, die Entscheidung, das Projekt in Deutschland zwei Jahre aufzuschieben, beinhalte auch die Aussage, daran festhalten zu wollen. Er sei im Austausch mit der Landesregierung von Sachsen-Anhalt. „Für mich ist wichtig, dass es trotzdem einen weiteren Ausbau der jetzt schon profunden Kapazitäten in Deutschland gibt.“ Es bleibe richtig, dass Halbleiterproduktion künftig auch in Deutschland stattfinden müsse. „Der Ausbau geht weiter.“

In der Bundesregierung wird bereits diskutiert, wie man die 10 Milliarden Euro anderweitig verwenden kann. „Alle nicht für Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden“, schrieb Finanzminister Christian Lindner auf der Online-Plattform X.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hielt dagegen: „Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.“ Aus dem Ministerium hieß es, die Gelder seien im Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehen und stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung. Auch im Fonds klafft eine Milliardenlücke.

Scholz wollte sich in Astana nicht festlegen. „Wir haben Gelder vorgesehen, die auch weiter benötigt werden für unsere Halbleiterprojekte“, sagte er auf Nachfrage. Es gebe keinen Anlass, von einem Tag auf den anderen festzulegen, wie man damit umgehe. „Dass wir zugleich die Halbleiterproduktion vorantreiben wollen und auch zusehen, wie wir mit unseren Finanzen gut auskommen, ist ja offensichtlich.“ Man werde nun intensiv beraten und Möglichkeiten in alle Richtungen nutzen. „Da gibt es nicht nur Schwarz und Weiß.“

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr zur rechtswidrigen Umbuchung nicht genutzter Corona-Kredite fehlen der Ampelregierung 60 Milliarden Euro für die klimagerechte Transformation der Wirtschaft, mit denen sie ursprünglich geplant hatte.

In Magdeburg hofft die Regierung weiterhin, dass der Bau der Chipfabrik nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben sei. Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte der dpa: „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht.“

Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU)

„Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht.“

In Zentralasien wäre man für Investitionen aus Deutschland ebenfalls sehr offen. Im vergangenen Jahr seien 4 Milliarden Dollar an Investitionen ins Land geflossen, so Präsident Kassym-Schomart Tokajew. „Dieses Volumen können wir verdoppeln.“ Er und Scholz unterzeichneten eine Vereinbarung, in der sie die Absicht erklärten, im Energiebereich weiter zusammenarbeiten. Neben der Lieferung von Öl betrifft das perspektivisch auch den Export von grünem Wasserstoff. (mit dpa)

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