Austausch von Kriegsgefangenen: Russland priorisiert Grenzschützer

Die Ukraine und Russland tauschten zum 56. Mal Gefangene aus. Der bekannte Menschenrechtler Maxim Butkewitsch war erneut nicht darunter.

Frau mit Ukraineflagge vor einem Bus

Wieder in Freiheit reagieren die ehemaligen Gefangenen emotional auf ihre Rückkehr Foto: Ukrainian Presidential Press Office/dpa

Berlin taz | Erneut haben Russland und die Ukraine Gefangene ausgetauscht. Es ist bereits die 56. Gefangenenaustauschaktion seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. 49 ukrainische Frauen und Männer konnten die russisch-ukrainische Grenze überqueren. Nach Russland kehrten 44 Männer heim. In ersten Meldungen war noch von 49 freigelassenen Russen die Rede.

Unter den 23 Frauen, die in die Ukraine zurückkehren konnten, befindet sich auch die auf der Krim geborene Lenia Umerova, die 2022 verhaftet wurde, als sie von Georgien aus nach Russland einreisen wollte, um ihren krebskranken Vater zu besuchen.

Die russischen Behörden beschuldigten die damals 25-jährige der Spionage. Bei einer Verurteilung hätte ihr eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren gedroht. Seit Mai 2023 saß Ume­rowa im berühmt-berüchtigten Lefortowo-Gefängnis in Moskau.

Insgesamt, so der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmitry Lubinets, konnten seit Beginn der russischen Invasion über 3500 Menschen in die Ukraine zurückgeholt werden. Zuletzt hatten im August jeweils 115 Russen und Ukrainer im Rahmen eines Austauschs in ihre Heimat zurückkehren können. Beide Austauschaktionen waren von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingefädelt worden.

Innerhalb von nur wenigen Stunden wurde ein Video über den Gefangenenaustausch auf YouTube über 200.000-mal aufgerufen, fanden sich unter dem Video 2400 Kommentare.

Das Video zeigt die russischen Männer, die zuerst in einem Bus Richtung Grenze fahren, und die ukrainischen Frauen und Männer, die anschließend die Grenze überschreiten und dann in einen Bus steigen. Die russischen Männer sind in der Mehrzahl Grenzschützer aus dem Gebiet Kursk, die bei der ukrainischen Besetzung dieses Gebietes in Gefangenschaft geraten waren.

Drei Tage sei sie in einem Bus unterwegs gewesen, berichtet eine ukrainische Ex-Gefangene in dem Video, ohne zu wissen, wohin die Reise gehen werde. Und die Frage, ob sie auch Besuch vom Roten Kreuz erhalten hätten, beantworten sie und ihre Nachbarin mit einem Nein.

Alle Ex-Gefangenen erhalten beim Aussteigen aus dem Bus von einem Soldaten eine ukrainische Fahne, die sie sich über die Schultern legen.

Anschließend stellen sie sich auf, singen gemeinsam die ukrainische Nationalhymne. „Wir werden weiterkämpfen, bis der letzte Gefangene zu Hause und der letzte Quadratmeter zurückgeholt ist“, ruft der Soldat bei seiner Ansprache an die ehemaligen Gefangenen aus, die er mit dem Kampfruf „Ruhm der Ukraine“ beendet. Ihm hallt ein „Den Helden Ruhm“ entgegen.

Herzergreifend sind die unzähligen Kommentare der meist anonymen Posts unter dem YouTube-Video. In fast jedem zweiten Kommentar ist von Tränen die Rede. „Mein Herz zerreisst, wenn ich Männer weinen sehe“ schreibt ein user-sb3tf8sy7y. Und eine NinaBerkas gibt zu, dass sie dieses Mal gerne weine. „Ich bin 50 Jahre alt, ein Mann. Und ich habe geweint, als ich unsere Mädchen und Jungs gesehen habe“, schreibt ein RubaKor. Und eine irinamenukhin9362 lässt wissen: „Ich bin weit weg von euch, in Israel. Und ich habe geweint, als ich das Video gesehen habe.“ Keine der freigelassenen ukrainischen Frauen habe einen Ohrring getragen, aber ein russischer Grenzsoldat habe bei seiner Freilassung eine goldene Kette um seinen Hals gehabt, wundert sich user-zd3bq2vb7q.

Und wieder ein anderer fragt sich auf dem X-Account der Organisation „Ich will leben“, die ebenfalls an dem Gefangenenaustausch mitgewirkt hatte, warum auf russischer Seite nur Grenzschützer und Soldaten freigelassen worden seien, die erst kürzlich in Gefangenschaft geraten seien. In der Ukraine seien Russen seit über zwei Jahren in Kriegsgefangenschaft. Aber offensichtlich, so dieser anonyme User, seien dem Kreml die in der Ukraine in Kriegsgefangenschaft Geratenen weniger wichtig.

Doch auch bei diesem Gefangenenaustausch fehlte unter den freigelassenen Ukrainern und Ukrainerinnen der bekannte Journalist und Menschenrechtler Maxim Butkewitsch.

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