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Doppelte Freude

Eintracht Frankfurt steht auf dem zweiten Platz – sowohl in der Frauen- als auch in der Männerbundesliga

Aus Frankfurt am Main Frank Hellmann

Sowohl die Frauen als auch die Männer von Eintracht Frankfurt der Adlerträger haben sich am Sonntag fast im Gleichschritt auf Platz zwei ihrer Bundesliga geschoben. Während fast 5.000 Fans im Stadion am Brentanobad bei den Frauen vor dem Verfolgerduell gegen den VfL Wolfsburg die Eintracht-Hymne schmetterten, schoss gerade Doppeltorschütze Omar Marmoush die Männer bei Holstein Kiel (4:2) auf die Siegerstraße. An der Förde sangen die Anhänger „Deutscher Meister wird nur die SGE“, während in Frankfurt-Rödelheim Doppeltorschützin Nicole Anyomi ausgelassen vor einem lautstarken Fanblock tanzte. „Die Kulisse hat uns von der ersten Sekunde mitgenommen“, sagte die Stürmerin.

Das Hochgefühl spornt einen ganzen Klub an, zumal die Männer am Sonntag gleich noch den FC Bayern (17.30 Uhr) zum Gipfeltreffen erwarten. „Das haben die Mannschaft und der Verein sich verdient“, erklärte Trainer Dino Toppmöller. Frauentrainer Niko Arnautis, der nach der Blamage in der Champions-League-Qualifikation ein bisschen unter Druck geraten war, konnte nun miterleben, wie seine Frauen mal eben den Vizemeister und Pokalsieger überrollt haben. „Das war Eintracht Frankfurt pur, mit und gegen den Ball. Das war eine sehr reife Leistung, die Mannschaft nimmt jetzt richtig Fahrt auf“, jubelte der seit 2017 für die Frauen zuständige Coach. Da weiß einer auch, dass er Platz zwei bei realistischer Betrachtung eher verteidigen kann als der Kollege.

Arnautis und Toppmöller kennen den Anspruch ihres Arbeitgebers: Verwaltungsfußball will in Deutschlands Fußballhauptstadt niemand sehen. Die Eintracht-Bosse gelten als Verfechter des Spektakels. Das (finanziell) übermächtige Bayern-Imperium darf gerne vor der Eintracht stehen, wenn bei ihnen die bessere Unterhaltung geboten wird. Dass sich bei Männern wie Frauen hinter der Eintracht Bayer Leverkusen und RB Leipzig einreihen, belegt einmal mehr, was die starken Lizenzvereine in der Frauenbundesliga wollen.

Zumal der Betrieb bislang eher Kleingeld kostet, wie das Beispiel Frankfurt zeigt: Zwischen fünf und sechs Millionen Euro beläuft sich der Etat der SGE-Fußballerinnen, die gesamte Fußball AG wies zuletzt 310 Millionen Euro Umsatz aus.

Vorstandssprecher Axel Hellmann, in der Fraueninitiative „Fußball kann mehr“ im Beirat engagiert, ist heilfroh über die intern kontrovers diskutierte Entscheidung, den früheren Trendsetter 1. FFC Frankfurt zu übernehmen. Man habe das auch deshalb getan, führte der Jurist zuletzt auf einer DFB-Veranstaltung aus, damit aus dem Frauenfußball „sportliche Kompetenz diffundiert“. Der Jurist kann sich sogar vorstellen, dass irgendwann mal eine Frau die Männerprofis trainiert. Vorher sind in Sachen Diversität noch ganz andere Lücken zu schließen.

Dass die meisten Ultras den Frauenheimspielen fernbleiben, wird nicht wirklich bedauert. So bleibt der familiäre Charakter erhalten, ansonsten ähnelt sich das Erscheinungsbild immer mehr. Auf der Haupttribüne am Brentanobad sind nun die gleichen schwarzen Sitze installiert, auf denen im Waldstadion die Business- und VIP-Besucher Platz nehmen. Ihren Trainingsalltag bestreiten die Frankfurter Frauen im Schatten der Arena. Auf dem Profi-Campus laufen sich die Funktionsteams immer wieder über den Weg.

„Mit der Nutzung der gemeinsamen Infrastruktur haben wir einen Meilenstein gesetzt“, sagte Sportvorstand Markus Krösche bereits vor einem Jahr. „Es greift dieselbe Philosophie, die auch für die Männer gilt, was die medizinische Betreuung, die Videoanalyse oder das Torwarttraining angeht.“ Letztlich segnet Krösche jede Entscheidung mit finanzieller Tragweite ab, die ihm die Technische Direktorin Katharina Kiel bei der Kaderplanung vorlegt. Bestes Argument für die funktionierende Zusammenarbeit sind gerade beide Bundesligatabellen.

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