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Spiritualität und der FinanzmarktFür Börsentipps aus dem Himmel

Sie halten Horoskope und die Kraft der Sterne für Quatsch? Kann sein, doch trotz allem beeinflusst Astrologie den Aktienmarkt, wie eine Studie zeigt.

Sag mir, was der Merkur will Foto: imago

M ein Handy leuchtet auf: „Dein Tag auf einen Blick“, erinnert mich die Co-Star-App an mein tägliches Horoskop. Ganz glaube ich nicht an die Kraft der Sterne. Auch die Wissenschaft ist sich mehr als einig darüber, dass Mond und Sonne keinen Einfluss auf uns Erd­be­woh­ne­r*in­nen haben. Und trotzdem gehöre ich zu den 40 Prozent der Deutschen, die gern ihr Horoskop lesen – aus Freude an der Sache.

Meine hippe, minimalistische Astro­logie-App passt natürlich perfekt zum derzeitigen Hype um alles Spirituelle auf Social Media: manifestieren, Tarot Karten legen und eben in die Sterne schauen.

Jeden Morgen rät mir meine App je drei Dos and Don’ts, um besser durch den Tag zu kommen. Das können Gegenstände oder Handlungen sein, die ich ausführen soll oder vermeiden muss. Ihre Absurdität machte die Tipps auf Social Media sehr beliebt.

Ein Auszug der Tun-Seite beziehungsweise der Dinge, mit denen ich mich heute umgeben sollte: Laserpointer, griechische Urnen (very demure?), pinke Dahlien. Lieber vermeiden: personalisierte Werbung, Anschuldigungen, Spamordner.

Die Beeinflussung durch die Sterne

Sinnlos, viel zu vage, gar nicht lebensnah, könnte man meinen. Stimmt auch. Und trotzdem beeinflussen die Entscheidungen von Menschen, die an Astrologie glauben, erstaunlich viele Bereiche.

Ein klassisches Beispiel: Der rückläufige Merkur (für die Gen Z: Mercury in retrograde) ist ein Zeichen für schlechte Entscheidungen. Drei- bis viermal im Jahr scheint es so, als ob er sich entgegengesetzt der Erde bewegt. In dieser Zeit scheuen spirituelle Menschen Arbeitsverträge, neue Projekte oder auch risikoreiche Aktienkäufe an der Wall Street. Richtig: Nicht mal die ­Finance Bros bleiben vom Merkur verschont.

Wissenschaftler der California State University fanden heraus, dass in Zeiten des rückläufigen Merkurs die durchschnittlichen Renditen an Aktienmärkten niedriger ausfallen. Denn spirituelle Personen bleiben dem Finanzmarkt in diesen Zeiten fern. Sie handeln, also kaufen oder verkaufen weniger, weil sie Entscheidungen vermeiden oder lieber nach griechischen Urnen suchen. Damit beeinflussen sie den Wert von Aktien, da sich ihr Preis aus Angebot und Nachfrage zusammensetzt.

Im Grunde geht es in der Welt des Handelns also darum, mithilfe der Sterne, Ratgeber oder Analysten herauszufinden, wann der perfekte Zeitpunkt zum Kauf (billiger wird das Papier nicht mehr) oder Verkauf (so viel Geld erhält man nie wieder) ist. Die Studie aus dem Jahr 2020 gibt übrigens selbst an, dass für einen ge­naue­ren Zusammenhang zwischen der Spi­ri­tua­lität der Menschen und dem Finanzmarkt mehr als nur die jährlichen Renditen, nämlich auch die individuellen Handelsentscheidungen analysiert werden müssten.

Und doch zeigt es, dass wir am Ende nicht immer der rational handelnde Homo oeconomicus sind. Wir lassen uns im Leben gern mal von den Sternen und unseren Gefühlen leiten. Da freut sich auch der Aktienmarkt: Beschäftigt mit unseren eigenen Kaufentscheidungen und den Sternen, vergessen wir schnell, dass wir als Individuen wohl nie zu den Gewinnern des Finanzmarkts gehören werden.

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Anastasia Zejneli
Autorin
Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. War Taz-Volontärin und schreibt in der Kolumne "Economy, bitch" über Popkultur und Wirtschaft.
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2 Kommentare

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  • Wieso gehören wir als Individuen nicht zu den Gewinnern des Finanzmarktes? Mein Sparplan läuft super und rentiert sich mit ca. 10% pro Jahr. Wenns mal wieder einen Crash gibt werden die Aktien im Sale geshoppt. Und der Aktienpreis ist nicht nur Angebot und Nachfrage, sondren setzt sch auch aus dem erwarteten Gewinn des Unternehmens in der Zukunft zusammen.

  • Wenn die Natur etwas ist, dann spirituell. Nur, dass unsere Begrifflichkeit von Spiritualität häufig etwas anderes meint. Alles beeinflusst alles, alles hat einen Einfluss. Die indigenen wussten das, lebten ja im Einklang mit der Natur und auf Augenhöhe mit ihr. Bei manchen war die Natur das grüne Volk mit gleichen Rechten usw. Und genau das fehlt uns ja heute, wo sich eigentlich alles nur ums Geld dreht - und um Aktien und deren Kurse. Nur, dass das Geld eigentlich gar keinen Wert hat. Irgendwann wird das Geld und größtenteils der Mensch verschwunden sein und was bleibt, ist das grüne Volk, die belebte und unbelebte Natur - die bei uns keinen (monetären) Wert hat. Aber selbst wenn wir ihr einen monetären Wert geben würden, würde das nicht reichen um uns zu retten. Erst wenn wir wieder eine Beziehung mit ihr haben, gehen wir einen GEWINNversprechenden Weg.