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Neuer Osnabrücker BischofWer hat, dem wird gegeben

Kommentar von Benno Schirrmeister

Nicht nur in Osnabrück ist bei der Amtseinführung von Bischöfen Geld kein Thema. Warum auch – solange der Staat nur schön weiter fleißig zahlt.

Osnabrück, 8. September: Dominicus Meier hält den Bischofsstab Foto: Friso Gentsch/dpa

O b Sie glauben oder nicht – Sie müssen dafür zahlen. Fürs Spitzenpersonal der Christenkirchen kommt der Staat auf, mit ganz normalen Haushaltsmitteln, also aus der Einkommensteuer, die von Ihnen stammt, von wem denn sonst.

Insofern ist es ein Thema von allgemeinem Interesse. Und folglich ist gerechtfertigt, dass Rundfunk und Regionalzeitungen ausführlich über die Amtseinführung des neuen Osnabrücker Bischofs Dominicus Meier vergangenen Sonntag berichtet haben. Ausführlich, wenn auch leider auf jene seifige Art, die es sonst nur bei Adelshochzeits-Übertragungen gibt und die das Thema Finanzen strikt vermeidet.

Sonst aber wurde genau hingeschaut! „Während des Gottesdienstes“, hat die Kreiszeitung Syke bezüglich Bischof Meier I. festgestellt, „wirkte er gelöst und lächelte mehrmals“. Na, er hatte ja auch allen Grund! Die katholischen Bistümer Niedersachsens gruppieren ihre Oberhirten in Besoldungsstufe B7 (Land) ein.

Möbliertes Dienstpalais

Das bedeutet für den ehemaligen Paderborner Weihbischof – in NRW mutmaßlich mit A16 besoldet – einen ordentlichen Gehaltssprung auf die alten Tage. Der 65-jährige Dominicus bekommt jetzt 10.841,64 Euro monatlich überwiesen, keine Kinderzuschläge, dafür aber ein möbliertes Dienstpalais mitten in der City. Ist echt hübsch!

Diese Besoldung erwirtschaften Bistümer aber nicht selbst. Sie verteilen nur, was die jeweiligen Bundesländer ihnen als Dotation überweisen. Bayern hat deren Gehälter in einem eigenen Gesetz festgeschrieben, das wenigstens für Transparenz sorgt.

Die anderen Länder verunklaren die Spur und setzen wie Niedersachsen traditionell einen Pauschalbetrag pro Konfession fest. Den teilen sich die Bistümer dann untereinander. Pro Kopf fällt mit 18,95 Euro am meisten in Sachsen-Anhalt an, am wenigsten in Hamburg mit 60 Cent, trotz Erzbischofsstuhl, also die de luxe-Ausgabe. Diese Hamburger. Die wissen echt, wie man’s macht.

Nichts zu tun hat der Betrag mit der Kirchensteuer. Er steht auch in keinem direkten Zusammenhang mit der Seelenzahl, für die in der Diözese zu beten wäre. Und schon gar nicht ins Gewicht fällt die Nachfrage nach den Dienstleistungen und Produkten des Kults, im vorliegenden Fall römisch-katholisch.

Staatsleistungen steigen

Im Jahr 2017 – neuere Zahlen fehlen – nahmen in Osnabrück das Messfeier-Angebot nur 10,8 Prozent der damals noch 560.000 Mitglieder in Anspruch. Von denen waren 2023 nur noch 507.858 übrig. Trotzdem steigen die Staatsleistungen: Im niedersächsischen Haushaltsplanentwurf für 2025 stehen für die Katholiken rund 11,436 Millionen Euro, zehn Jahre zuvor waren es noch 8,756. Macht ein Plus von 30,6 Prozent.

Anlass für die Zahlungen sind – lange her – die napoleonischen Enteignungen der Kirchen von 1803. Schuld daran aber sind frömmelnde Landesfürsten, die zu Beginn der Restauration den Kirchen die Ausgleichszahlungen regelrecht aufgedrängt haben. Napoleon hingegen hatte sich für Frankreich 1801 staatskirchenvertraglich zusichern lassen, dass aus den Beschlagnahmungen kirchlicher Güter eben nie jemals irgendwelche Forderungen erwachsen. Un point, c’est tout.

In Osnabrück hat man lieber ein Waterloo-Tor errichtet, um den Endsieg über die säkulare Tyrannei zu feiern, und das Land beteiligt sich am großen Zahlen. Das ist zwar seit 1919 mit dem Verfassungsauftrag verbunden, ihm ein Ende zu bereiten.

Und ausgerechnet unsere süße kleine Ampelregierung hat sich, anscheinend als erste überhaupt, dieser Aufgabe auch angenommen. Im Herbst soll ein Gesetzentwurf dafür vorliegen. Aber dann kommen wieder die Länderpotentaten zu Wort. Und bezüglich dieser Staatsleistungen hat gerade erst Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (katholisch) bei der Vereidigung von Bischof Dominicus vor einer „vorschnellen Ablösung“ gewarnt.

Und es stimmt ja, die Geschwindigkeit ist atemberaubend. Schließlich sind 200 Jahre nur ein Nu, wenn der Zeithorizont die Ewigkeit ist.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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9 Kommentare

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  • noch waqs. In den pauschalen Zahlungen sind die Bischofsgehälter nicht enthalten.



    Die gehen noch mal extra.

  • Schön polemisch, aber es geht ja nur gegen die Kirche(n): Wie das Wort „Pauschalbetrag“ ja dem aufmerksamen Journalisten schon hätte verraten können, gehen die Staatsleistungen in den allgemeinen Kirchenhaushalt ein. Sie finanzieren also genauso die Caritas-Sozialkaufhäuser, Altenheime und Kindergärten, den Erhalt von denkmalgeschützten Kirchengebäuden, Sozialarbeit in Brennpunktgebietn und den Blumenschmuck bei ökumenischen Gedenkgottesdiensten unter staatlicher Beteiligung.

    • @o_aus_h:

      wie "Jesus" ja schon angedeutet hat, werden all die sozialen Einrichtungen von den Kommunen zusätzlich finanziert.



      Es gibt nur wenige Bereiche in denen die Kirchen einen Teil der selbst Ausgaben tragen.



      So werden zum Beispiel Krankenhäuser in der Regel als GmbHs geführt deren Gewinn im Konzern verbleibt.



      Oder bei den sie tragenden Ordensgemeinschaften.



      In den KIndergärten wird das Personal zu einem hohen Prozentsatz von der Kommune bezahlt, die Investitionskosten werden in der Regel durch Stadtratsbeschlüsse an die kirchlichenTräger ausgeschüttet. Ds Eigentum der Einrichtungen ist dann aber wieder bei den Kirchen verbleibend.



      Wenn die Kommune sie übernehmen soll (weil sich die Kirche zurückziehen möchte) dann muss dieses wieder gekauft werden.

    • @o_aus_h:

      Das ist so nicht richtig. erstens werden Altenheime und Kindergärten in den meisten Fällen zusätzlich vom Staat finanziert, zweitens wenn wir das eh finanzieren könnten wir ja auch einfach säkuläre Einrichtungen schaffen, ich persönlich fand das Beten vor jeder Schulstunde eher lästig.



      Die Kirchen sollten sich auf Ihre eigentliche Aufgabe (lustige Kostüme und langweilige Predigten) konzentrieren und diese mit ihren Mitgliedsbeiträgen oder dem Geld das sie die letzten 2000 Jahre angehäuft haben finanzieren aber nicht mit Steuergeldern.

    • @o_aus_h:

      Danke für den Kommentar. Kirche ist eben mehr als Gottesdienst und beten.



      Will nur keiner wahrhaben....

    • @o_aus_h:

      Kindergärten und Altenheime die zu über 90% von Staat und Gemeinden erbaut wurden. die paar % Kirchenbeteiligung sichern den Kirchen das Recht zu stückweit außerhalb des staatlichen Arbeitsrecht zu stehen, Steuerbegünstigt zu wirken etc.



      Und auch dort zahlt der Staat die Gehälter, die Freiwilligen kommen von der Kirche.

      • @Ramaz:

        Merken sie den eigenen Hinweis: die freiwilligen kommen von der Kirche....



        plus die ehrenamtlichen, die keiner bezahlt -auch nicht der Staat. Der Staat bezahlt auch nicht die ökumenischen Sozialstationen und auch nicht die Suppenküchen usw. usw.

    • @o_aus_h:

      Das ist leider nicht wahr. Die vermeindlich kirchlichen Einrichtungen werden nicht von der Kirche bezahlt, d.h. nicht von den Abgaben, die wir Bürger errichten. Sie werden direkt vom Staat unterstützt. In der Summ bedeutet das: Wir zahlen doppelt.

      www.deutschlandfun...steuer-finanzieren

      • @Sanni:

        Sie werden vom Staat unterstützt, aber eben nicht komplett finanziert. Das Erzbistum hat in Hamburg –um nur ein Beispiel zu nennen – über die Hälfte der katholischen Schulen geschlossen, mit der Begründung, dass es sich diese nicht mehr leisten kann. Und darüber hinaus gibt es andere soziale Arbeit, die die Kirchen leisten, die gar nicht vom Staat finanziell unterstützt wird –Kirchenasyl sei als ein Beispiel genannt.