Highlights Berlin Art Week: Lasst uns flüssig bleiben

Zur Art Week steht Berlin im Zeichen der Kunst. Auch der Kulturpolitik würde das gut tun. Die Ausstellungshighlights und Protestevents der Woche.

Eine Stoffskulptur zeigt einen schwarzen Baum mit orangenen Wurzeln. Der Baum beginnt auf eine Leinwand an der Wand und setzt sich mit den Wurzeln am Boden fort.

Hoda Tawakol ist in der nGbK zu sehen, hier mit „Delicious Monster #15“ von 2022 Foto: Mareike Tocha

Letzte Woche war es noch das titelgebende Wasser im Bärenzwinger, das Abkühlung versprach. Die Ausstellung „By Way of Water“ eröffnete während der KGB-Kunstwoche, zu der die Kommunalen Galerien dieser Stadt jedes Jahr besondere Ausstellungen präsentieren. Wie die Pfützenforscherin Mirja Busch und die weiteren beteiligten Künst­le­r:in­nen sich auf künstlerisch-politischer Ebene mit dem flüssigen Element beschäftigen, ist noch bis 13. Oktober zu sehen, inklusive Programm zum Tag des Flusses am 29. September.

Nun scheint pünktlich zur Berlin Art Week auch die Berliner Luft, die uns dieser Tage endlich wieder tief einatmen lässt, den Kunstherbst miteingeläutet zu haben. Es herrschen genau die richtigen Temperaturen, um sich dem Marathon zu verschreiben. Techniken gibt es dabei viele: Zuerst die persönlichen Lieblinge anschauen, damit man noch wach ist und alles genau wahrnehmen kann? Oder schnell die Sammlungen besuchen, die speziell zur Art Week geöffnet haben? Tip: Für „Discovering Collections!“ am Samstagabend öffnen zusätzlich sechs private Samm­le­r:in­nen ihre Türen, darunter Anahita Sadighi und Alexandra Hackelsberger. Wer weiß, vielleicht ergattert man in der Sammlung Hackelsberger ja einen Blick auf eine Arbeit von Antoni Tàpies (14. 9., 18–22 Uhr, Anmeldung erforderlich).

Doch auch die Eröffnungen in den Galerien und Kunsthäusern sind dieses Jahr nicht zu übersehen. Iulia Nistor zeigt in der Galeria Plan B ihre abstrakte Ölmalerei, die mit Auslassungen ebenso spielt wie mit großzügigen Streichbewegungen (Eröffnung 13. 9., 18–22 Uhr).

Wie flüssig es Pamela Rosenkranz diesmal im Neuen Berliner Kunstverein hält, wird sich zeigen. Während der n.b.k. im Erdgeschoss das Werk Pier Paolo Pasolinis würdigt und Fotografien, Zeitungen, Bücher, Kostüme und natürlich Filme zeigt, stellt Rosenkranz für „Spill Retina“ im Showroom irisierende Papierschnitte aus. An der Kreuzung Friedrichstr./Torstr. übernimmt Yoko Ono die n.b.k.-Billboard Reihe (Eröffnungen 11.9., 18 Uhr).

Persons Projects in der Lindenstraße präsentiert Mikko Rikala, dem selbst die Hosentasche als Werkzeug dient, faltete er darin doch einmal das fotografierte Meer – mit erstaunlichem Ergebnis. Für „So Little Changed, So Little Remained“ beschäftigt er sich hier nun mit Erinnerungsobjekten aus der Kindheit, die er fotografiert, überbelichtet und erneut fotografiert. Das Überschreiben als Gegenbewegung zur Erinnerung – oder doch als ihr Kern? Spannend.

Mit dem Meer und der Kunst der Erinnerung sind auch David Horvitz und Ali Eyal vertraut, die gemeinsam bei ChertLüdde im Raum in der Postdamer Straße ausstellen. „A new garden from old wounds“ eröffnet am 12. 9. um 18 Uhr. In der Gallery One zeigt Chert Lüdde zudem zum ersten Mal Arbeiten von Selma Selman, die ordentlich Autoteile und Elektroschrott auffahren und Ophelia gegen den Strich lesen wird. Auch neugerriemschneider zeigt am Standort in der Linienstraße mit Udomsak Krisanamis farbreichen malerischen Kompositionen eine Premiere.

Führungen und Feste

Zu beachten sind auch die besonderen Führungen zur Art Week, wie die kuratorische Führung und Pflanzenpflege mit PARA durch die nGbK-Ausstellung „Orangerie der Fürsorge“ (Eröffnung 11. 9., 18 Uhr, nGbK am Alex; Führung 14. 9., 14–15 Uhr). Wer viel an einem Ort sehen möchte, der_dem seien die Hallen 5 in Reinickendorf empfohlen, dieses Jahr soll es die bisher größte Ausstellung seit der Entstehung 2020 werden (bis 15. 9., je 11–20 Uhr).

Am Sonntag (15. 9.) lädt außerdem die haubrok foundation zu einer Art Festival im Festival. Beim Sommerfest „Another Sunday Afternoon“ wird es Konzerte und Performance geben, Stichwort Berke Can Özcan. Außerdem Open Studios, u. a. mit Ilit Azoulai und dem Goldrausch Künstlerinnenprojekt (15. 9., 14–22 Uhr, teils mit Anmeldung).

Vorab anstimmen lässt sich die Kunstwoche am Mittwochmorgen mit dem Meckerchor. Der Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. ruft zusammen mit dem BBK Bundesverband, dem Deutschen Künstlerbund und der GEDOK zum Protest während der Generaldebatte zum Haushalt vor dem Bundestag auf (11.9., 9–11 Uhr, Scheidemannstr./Simsonweg vor dem Berliner Pavillon am Bundestag; Programm bis 13. 9.: www.bbk-berlin.de).

Denn eines sollten wir nicht vergessen: All das, was wir diese Woche genießen können, steht derzeit immens unter Druck. Insbesondere da, wo keine privaten Strukturen den Rücken freihalten. Und dabei klafft die Schere schon längst viel zu weit auseinander.

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Redakteur:in für Kunst in Berlin im taz.Plan. 2022-2024 Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA und promovierte an der Schnittstelle von Queer-Theorie, abstrakter Malerei und Materialität. Als Künstler:in arbeitet Molitor mit Raum, Malerei und Comic. Texte über zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.

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