piwik no script img

Das Bürgergeld geht in die Nullrunde

Das Bürgergeld wird 2025 nicht erhöht. Das ist allerdings keine politische Entscheidung, sondern liegt an der sogenannten Fortschreibungsformel. Wie sie berechnet wird

Von Barbara Dribbusch

Die Erhöhung des Bürgergeldes Anfang dieses Jahres um 12 Prozent sorgte für heftige Diskus­sionen. Im nächsten Jahr jedoch wird es bei der Sozialleistung zu einer Nullrunde kommen. Dies geht aus dem Entwurf des Bundesarbeitsministeriums zu einer Verordnung über die Fortschreibung des Regelsatzes für das Jahr 2025 hervor, der am Mittwoch in die Abstimmung mit den Ministerien ging.

Rechnerisch müsste es durch die sogenannte Fortschreibungsformel sogar zu einer Kürzung des Regelsatzes um 24 Euro im Monat kommen, ergibt sich aus dem Entwurf. Eine solche Kürzung aber ist gesetzlich ausgeschlossen. Dass es Anfang 2025 allerdings auch keine Erhöhung gebe, sei „richtig so“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in einem Interview mit RTL. Die FDP hatte zuletzt gefordert, das Bürgergeld zu kürzen. Angesichts der Inflationsentwicklung falle es aktuell „um 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus“, hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr gesagt.

Schuld an der Nullrunde ist die jährlich angewandte Fortschreibungsformel. Diese gilt seit der Einführung des Bürgergelds 2023. Diese Formel besteht aus zwei Schritten, der „Basisfortschreibung“ und der „ergänzenden Fortschreibung“. Die Basisfortschreibung beruht auf einem Mischindex. Dieser setzt sich zu 70 Prozent aus der Entwicklung der Preise zusammen und zu 30 Prozent aus der Entwicklung der Nettolöhne. Die Entwicklung wird in zwei Zeitspannen gemessen, diese dann miteinander verglichen, um die prozentuale Erhöhung durch die Basisfortschreibung zu ermitteln. Für die Erhöhung des Regelbedarfs zum 1. Januar 2025 etwa ist das allerdings der Zeitraum Juli 2022 bis Juni 2023 verglichen mit dem ­Zeitraum Juli 2023 bis Juni 2024. Diese Basisfortschreibung kommt auf eine Steigerung von 4,6 Prozent.

Zu dieser Steigerung kommt dann noch in einem zweiten Schritt die ergänzende Fortschreibung hinzu, die die aktuellere Preisentwicklung berücksichtigt. Dabei werden für die Erhöhung im Jahr 2025 die regelbedarfsrelevanten Preise im zweiten Quartal 2024 mit dem entsprechenden Dreimonatszeitraum des Jahres 2023 verglichen. Daraus ergibt sich nur eine Steigerungsrate von 0,7 Prozent, wegen der aktuell moderaten Preisentwicklung.

Die Besonderheit der Formel in zwei Schritten besteht nun darin, dass die Steigerungsraten von 4,6 und 0,7 Prozent nicht einfach zum bisherigen Regelsatz von 563 Euro hinzuaddiert werden. Sonst käme es zu einer Steigerung im Jahr 2025. Die prozentualen Erhöhungen werden vielmehr nur zu dem Betrag addiert, der sich aus der Basisfortschreibung des vergangenen Jahres ergibt, also aus dem ersten Schritt. Laut der Basisfortschreibung ergibt sich für das Jahr 2024 nur ein rechnerischer Betrag von 512 Euro für den Regelsatz. Addiert man aufbauend auf 512 Euro erst 4,6 und dann 0,7 Prozent, kommt man auf 539 Euro, heißt es in dem Entwurf. Das wäre eine Kürzung des Regelsatzes für 2025, die aber gesetzlich ausgeschlossen ist, daher kommt es zur einer Nullrunde.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai begrüßte die Nullrunde als „ersten wichtigen Schritt“. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte RTL/ntv, es sei der Ampel-Koalition gelungen, die Inflation deutlich zu drücken. Die Nullrunde sei „die logische Konsequenz“. Der DGB forderte, steigende Preise weiterhin beim Bürgergeld zu berücksichtigen. In einem Papier vom Juni hatten Sozialverbände eine Reform der Fortschreibungsregel gefordert.

„Die Nullrunde ist ein erster wichtiger Schritt“

Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär

Da die ergänzende Fortschreibung für 2025 mit 0,7 Prozent sehr mager ausfällt, wird es dann aber im Jahre 2026 wohl zu einer realen Erhöhung des Regelsatzes kommen, da der Wegfall des Betrages aus der ergänzenden Fortschreibung dann nicht mehr so stark ins Gewicht fällt wie für 2025. (mit dpa)

meinung + diskussion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen