Energieprojekt in Namibia: Zoff um Wasserstoff

Die Bundesregierung treibt die Pläne für Wasserstoffproduktion in Namibia voran. Kri­ti­ke­r:in­nen beklagen Intransparenz.

Ein Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte schaden Foto: Kristin Palitza/picture alliance

BERLIN taz Weiter auseinanderliegen können die Sichtweisen auf das große Vorhaben für grünen Wasserstoff im afrikanischen Staat Namibia kaum. Während deutsche Regierungsvertreter die Industrieansiedlung bei einer Konferenz in der namibischen Hauptstadt Windhoek vorantreiben wollen, äußern Umwelt- und Bürgerrechtsorganisationen grundsätzliche Kritik. Das ganze Projekt sei „intransparent“, heißt es unter anderem.

Mit Unterstützung der deutschen und der namibischen Regierung plant das Unternehmen Hyphen, an der die hiesige Firma Enertrag und der Kapitalinvestor Nicholas Holdings beteiligt sind, eine Anlage zur Produktion von Wasserstoff mittels Sonnen- und Windenergie.

Im Südwesten Namibias sollen Pipelines, Elektrolyseure, bis zu 600 Windräder, Solarparks, eine Entsalzungsanlage, eine Ammoniakfabrik und ein neuer Hafen entstehen. Ammoniak und Wasserstoff sind unter anderem in Deutschland als Treibstoffe der künftigen klimaneutralen Energieversorgung gedacht.

Die namibische Gesellschaft werde jedoch kaum über das Vorhaben informiert, kritisierte der namibische Aktivist Jimmy Areseb am Montag in einer Pressekonferenz, die unter anderem die globalisierungskritische Organisation Attac organisiert hatte.

Die namibische Regierung solle erst einmal ordentlich analysieren und öffentlich darstellen, welche Effekte die Industrieansiedlung für das Land habe. „Wird sich dadurch die Stromversorgung in Namibia verbessern?“, fragte Areseb. Man lehne das Projekt nicht rundheraus ab, wolle aber nicht die Katze im Sack kaufen.

Die Regierung in Windhoek betont, die Kooperation mit Deutschland und Hyphen werde dem Land Arbeitsplätze, Technologie, Kapital und saubere Energie bringen sowie einen Entwicklungsschub auslösen. Das Unternehmen will in diesen Wochen eine Untersuchung der Umwelt- und Sozialverträglichkeit starten. Vor deren Abschluss in zwei Jahren werde nichts gebaut, erklärte ein Hyphen-Manager.

Profit statt Wiedergutmachung?

Eine weitere Kritik bezieht sich darauf, dass „lokale Gemeinden“ an den Planungen beteiligt werden müssten, sagte Tjipura Tjipura von der namibischen Organisation für sozialökologische Gerechtigkeit. Wobei auf dem fraglichen Territorium anscheinend niemand lebt, unter anderem weil es während der deutschen Kolonialherrschaft ab den 1880er Jahren als „Sperrgebiet“ definiert wurde.

Die Kri­ti­ke­r:in­nen erklären außerdem, die Deutschen hätten damals große Flächen enteignet, die vom Volk der Nama genutzt worden seien. „Anstatt sich mit der grundlegenden Frage einer Wiedergutmachung für den von Deutschland an den Nama und Ovaherero begangenen Völkermord zu befassen, nutzt Deutschland erneut seine privilegierte Stellung, um Ressourcen aus demselben Land zu gewinnen, das es dem Volk der Nama gewaltsam und in unrechtmäßiger Weise geraubt hat“, sagte Nama-Vertreter Paul Thomas.

Schließlich geht es um ein ehemaliges Gefangenenlager der deutschen Kolonialherren bei der Stadt Lüderitz. Der Ausbau des dortigen Hafens werde Teile des historischen Orts begraben und verhindern, sterbliche Überreste ehemaliger Gefangener zu bergen. Währenddessen betont die Bundesregierung, das habe mit dem Hyphen-Vorhaben nichts zu tun, denn der neue, große Hafen werde einige Kilometer entfernt errichtet.

Dies sind komplizierte Themen für Rainer Baake, den Abgesandten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), und Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flassbart, die in Windhoek auch Gespräche mit Kri­ti­ke­r:in­nen führen wollen. Sie besuchen dort den Afrikanischen Wasserstoffgipfel, den Namibia ausrichtet.

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