Wasserstoff statt Kohlekraft in Hamburg: Habeck teilt das Wasser

Am früheren Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg soll grüner Wasserstoff erzeugt werden. Wirtschaftsminister Habeck jetzt die Förderbescheide übergeben.

Optimistischer Blick in die Zukunft: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) auf der Baustelle des Elektrolyseurs Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | In Hamburg-Moorburg verdichtet sich die Geschichte der Energiewende. Am Montag hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dort Förderbescheide für ein Wasserstoffzentrum und ein Verteilnetz über insgesamt 280 Millionen Euro übergeben.

Der Clou: Der Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH) entsteht auf dem Gelände des ehemaligen und stark umstrittenen Kohlekraftwerks Moorburg, das nur sechs Jahre in Betrieb war. Gebaut wird der Hub von den Hamburger Energiewerken (HEnW), die 2013 nach einem Volksentscheid vom Senat zurückgekauft werden mussten.

Das Gleiche gilt für die Firma Gasnetz Hamburg, die das Hamburger Wasserstoff-Industrienetz (HH-WIN) bauen wird. Das Leitungsnetz soll den Wasserstoff, der am Hub ankommt oder erzeugt wird, an die Industriebetriebe im Hamburger Süden verteilen. Interesse angemeldet haben etwa der Tesa-Hersteller Beiersdorf, der Flugzeugbauer Airbus und das Stahlwerk von Arcelor Mittal.

Bundeswirtschaftsminister Habeck sprach bei der Übergabe der Förderbescheide von der „starken Symbolik“ dieses Projekts. „Das ist der Standort in Deutschland, an dem wir ein besonderes Versprechen an die Zukunft abgeben“, sagte die Hamburger Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD). Hier werde die Zukunft der Energieversorgung für die Industrie eingeleitet. „Die grüne Wasserstoffwirtschaft nimmt Gestalt an“, freute sich Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). „Eine Zukunftsvision wird real.“

Wasserstoff statt Flugbenzin

In der Tat werden Hamburgs Industriebetriebe wegen der Klimaschutzziele und der steigenden CO2-Bepreisung wohl nicht darum herumkommen, kohlenstoffbasierte Prozesse durch solche mit Wasserstoff zu ersetzen. Wasserstoff kann statt Flugbenzin getankt werden und er kann den Kohlenstoff bei der Stahlherstellung ersetzen.

Die Abnehmer vor Ort sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Projekt Erfolg haben kann. Dazu kommt die Lage im Hamburger Hafen und dass ein Teil der Infrastruktur des Kohlekraftwerks, dessen Abriss schon begonnen hat, genutzt werden kann, etwa Anlagen für die Wasseraufbereitung, Werkstatt-, Verwaltungs- und Lagergebäude.

Wegen der Lage am seeschifftiefen Wasser kann in Moorburg auch Wasserstoff per Schiff angelandet werden, zusätzlich zu der vom Moorburger Elektrolyseur erzeugten Menge. Der Elektrolyseur wiederum profitiert vom 380-Kilovolt-Höchstspannungsanschluss an das Stromnetz.

„Hamburg ist umzingelt von Erneuerbarer Energie“, sagte Christian Heine, Sprecher der Geschäftsführung der HEnW. Und damit ist nicht nur der Überschuss der Windländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein gemeint, sondern auch der viele Strom, der von den Offshore-Windenergieanlagen auf der Nordsee zu erwarten ist. Statt die Erzeugung abzuriegeln, falls es mehr Wind und Sonne gibt, als abgenommen werden kann, wird damit im Elektrolyseur grüner Wasserstoff erzeugt, mit dem die Energie gespeichert werden kann.

10.000 Tonnen Wasserstoff könne die Hamburger Anlage pro Jahr erzeugen und die seien auch zu verkaufen, sagt Alexandra von Bernstorff, Geschäftsführerin der Firma Luxcara, die den HGHH gemeinsam mit den HEnW baut. Luxcara bezeichnet sich als mittelständisches Unternehmen aus Hamburg.

Den Zuschlag für das Projekt habe ihre Firma wegen ihrer Erfahrungen erhalten. „Wir haben das größte unsubventionierte Grünstromportfolio“, sagt von Bernstorff. Luxcara wäre damit in der Lage, den Elektrolyseur mit eigenem Strom zu versorgen. Auf der anderen Seite habe Luxcara auch schon Wasserstoff auf dem freien Markt verkauft.

Wasserstoff kann auch Hamburger Haushalte versorgen

Nach Aussage des HEnW-Geschäftsführers Heine, wird der Wasserstoff auch zur Versorgung der Hamburger Haushalte beitragen. Die HEnW wollen bei der Strom- und Wärmeerzeugung ab 2030 Kohle durch Gas ersetzen. Dabei werde in der Spitzenlast auch Wasserstoff eine Rolle spielen, sagte Heine.

Gasnetz-Geschäftsführerin Gabriele Eggers betonte die günstige Lage des Hamburger Hubs. Weil es hier auch Importmöglichkeiten gebe, könne das Hamburger Netz Teil des Wasserstoff-Kernnetzes, des European Hydrogen Backbone, werden und auf eine entsprechende Förderung setzen. In einem ersten Schritt soll in Hamburg ein Importterminal für das Wasserstoff-Derivat Ammoniak errichtet werden.

Die Hamburger Oppositionspartei CDU kritisierte, Hamburg sei gegenüber anderen Projekten im emsländischen Lingen und in Rotterdam im Verzug. In Lingen gibt es einen Pilot-Elektrolyseur mit 14 Megawatt. Rotterdam baut gerade die nach eigenen Angaben in einem Konversionspark auf dem Industrie- und Hafengebiet ­Maasvlakte „größte 200-MW-Wasserstoffanlage Europas“, Holland Hydrogen 1. Drei weitere ähnliche Projekte sind an diesem Standort in Planung.

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