Omas gegen Rechts Bundeskongress: Widerstand statt Ruhestand

Auf ihrem ersten Bundeskongress in Erfurt positionieren sich die Omas gegen Rechts als politische Bewegung. Sie wollen mehr Machen statt Fordern

Eine Frau hebt die Hand und ruft während der Demonstration. Unter dem Motto «Demokratie schützen - jetzt!» rief die Vereinigung Omas gegen Rechts zu einer Demonstration in Erfurt auf.

3. August 2024 in Erfurt: Demo der Omas gegen Rechts, laut Polizei kamen rund 800 Menschen Foto: Han­nes P Albert/dpa

ERFURT taz | Es ist kurz vor 12 Uhr, als die Omas gegen Rechts das erste Mal „Alerta, alerta – Omas sind härter“ rufen. An diesem Samstag sitzen etwa 300 Frauen und Männer aus 65 Ortsgruppen im Thüringer Landtag in Erfurt beim ersten Bundeskongress der Omas gegen Rechts. Die erste Hälfte des Tags nutzen sie für inhaltliche Auseinandersetzungen, um ihr Profil als politische Bewegung zu schärfen.

2017 gründete Monika Salzer in Österreich die Omas gegen Rechts spontan als Reaktion auf die rechtspopulistische Regierungskoalition unter Sebastian Kurz. 2018 eröffneten zwei Frauen fast zeitgleich eine Gruppe in Deutschland. Eine von ihnen, Anna Ohnweiler, ist auch beim Bundeskongress dabei. Als sie über persönliche Morddrohungen berichtet und die Menge auffordert, sich „keine Angst machen“ zu lassen, bricht energischer Applaus aus, flankiert vom Alerta-Ruf.

Zunächst begann der Samstag mit einigen Grußworten. Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow bedankte sich überschwänglich über das Engagement der Omas. Der Politikwissenschaftler Andreas Zick stellte die Ergebnisse der Mitte-Studie vor und erklärte, warum die Omas gerade so nötig gebraucht werden: „Sie können viel machen, weil Sie eine vertrauensvolle Gruppe sind.“

Die Omas gegen Rechts haben aktuell laut Selbsteinschätzung etwa 30.000 Mitglieder in über 200 Ortsgruppen in Deutschland, die immer weiter neu entstehen. Gerade erst schlossen sich neun Omas als Gruppe in Sonneberg zusammen, nachdem „Sonneberg gegen Nazis“ seine Social-Media-Profile aufgrund von Bedrohungen einstellen musste. Viele Omagruppen entstanden zudem nach der Veröffentlichung der Correctiv-Recherchen im Januar.

Auf einer Podiumsdiskussion am Samstag wurde das Für und Wider eines AfD-Verbotsverfahrens diskutiert, aber auch angeregt, dass Björn Höcke (AfD) einmal zu Frauen und alleinstehenden Katzen befragt werden sollte – seitdem vom US-Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance frauenfeindliche Aussagen über „kinderlose Katzen-Frauen“ publik wurden, steht er massiv in der Kritik.

Thema Frauenrechte und AfD auf TikTok

In 14 Workshops, einige davon geleitet von Ex­per­t*in­nen wie Axel Salheiser vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft oder Judith Rahner vom Deutschen Frauenrat, setzten sich die Teilnehmerinnen dann mit unterschiedlichen Themen auseinander: etwa der völkischen Landnahme von Nazis oder der Klimakrise. Das Thema Frauenrechte und AfD will das Bündnis bald auf TikTok groß spielen, um mehr junge Menschen zu erreichen.

In der gemeinsam auf dem Kongress verabschiedeten Resolution fordern die Omas gegen Rechts die Wäh­le­r*in­nen dazu auf, den anstrengenden Weg der Demokratie zu gehen, weil „es für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Vielfalt keine Alternative zur Demokratie gibt“. Alle hätten „die Verantwortung, unseren Nachkommen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.“

Forderungen an die Politik wurden nicht formuliert. Jutta Shaikh rief aber in der anschließenden Pressekonferenz die Parteien auf, jungen Menschen eine Zukunftsvision zu bieten und eigene Themen zu setzen. In einem der Workshops hatte es eine Oma etwas drastischer formuliert: „Wo sind die Parteien? Müssen die Omas das alles alleine stemmen?“

Während des Kongresses im Landtag mussten die Omas ihre markanten Anstecker abnehmen, politische Symbole sind hier verboten. Für die Demo am Samstagnachmittag fiel die Ausrüstung dann üppiger aus: Schwarz auf weiß stand „Omas gegen Rechts“ auf Transparenten, Warnwesten, Basecaps, Schildern auf Teppichklopfern und Gehstöcken.

Laut Polizei beteiligten sich daran 800 Personen bis in die Innenstadt von Erfurt. Dort waren verschiedene Gruppen bereits den ganzen Tag über mit Infoständen präsent. Mit auf der Demo war auch Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Vizepräsidentin des Bundestags. Der taz sagte die Erfurterin, dass sie begeistert sei, dass es mit den Omas eine neue Frauenbewegung auf der Straße gebe.

Katrin Saborowski von den Omas gegen Rechts in Leipzig war nur auf der Demo präsent: „Wir sind Straßenomas.“ Die Gruppe war mit zehn Personen vor Ort.

Stärkere Vernetzung

Gerade für die Verbände aus Sachsen und Thüringen war der Kongress auch Wahlkampfauftakt. Vor zwei Tagen startete die Gruppe auf Instagram eine Serie von Wahlermutigungsvideos. Für Donata Porstmann und Kathrin Sachs von den Omas gegen Rechts in Döbeln war der Kongress ein wichtiger Ort des Austausches. Es sei „stark, dass die Bewegung an sich arbeitet“, sagte Porstmann. „Wir hinterfragen als Omas, wie wir aufgestellt sind, was wir besser machen können.“

Die Idee zum Bundeskongress kam im August 2023 auf, als die Omas gegen Rechts sich das erste Mal bundesweit mobilisierten, um der AfD einen unfreundlichen Empfang zu ihrem Parteitag in Magdeburg zu bescheren. Es sei der Anfang einer starken Vernetzung gewesen, erklärte Jutta Shaikh aus der Ortsgruppe Frankfurt/Main am Sonntag: „Wir wollen genauso gut vernetzt sein wie unsere Gegner.“ Internationale Kontakte bestehen schon nach Tschechien, Polen, in die Niederlande und die Schweiz.

Zu konkreten Erfolgen der Omas gehört etwa, dass die Berliner Gruppe es schaffte, dass die Berliner Volksbank der AfD das Spendenkonto kündigte. Die Gruppe in Halle sorgte für eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Billigung von Straftaten gegen den seit Jahren stadtbekannten Neonazi Sven Liebich. „Das hat uns Kraft gegeben,“ erklärte Dagmar Freyberg-Schumann aus der Ortsgruppe. Der nächste Bundeskongress ist schon in Planung.

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