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Trends bei Lebensmitteln und TechnikKatzenfutter mit KI

Ohne Farbstoffe, ohne Zuckerzusatz, glutenfrei. Bei Lebensmitteln ist es längst normal, auf das hinzuweisen, was nicht drin ist. Und bei Technik?

Katzenfutter, vielleicht mit oder ohne Zusatzstoffe aber mit KI Foto: Svetlana Sultanaeva/imago

F rüher war mehr „mit“. Mit Lametta (am Nadelbaum), mit Schnee (im Winter), mit Wärmestrahlung (bei Glühbirnen), aber vor allem beim Verkaufen. Eine Firma, die ihr Produkt anpreisen wollte, machte das über plakative Hinweise, was neben dem Offensichtlichen noch so drin sei. Nur Zucker, Gelatine und Farbstoffe aka Fruchtgummi? Nein, mit Vitaminen!

In der Geschichte ein bisschen nach vorne gespult und wir sind im Heute: Das „mit“ hat sich ausgehypt und plötzlich liegt „ohne“ im Trend. Im Supermarkt: ohne Konservierungsstoffe, ohne Zuckerzusatz, ohne Gluten. In der Drogerie: ohne Silikone, ohne Octocrylen, ohne Parfüm, Parabene und Farbstoffe. Natürlich heißt das umgekehrt, dass es doch noch ziemlich viele Produkte gibt, in denen all das drin steckt, aber hey: Auch beim Ausmisten muss man ja mal an einer Stelle anfangen.

Jedenfalls: Was Technik angeht, stecken wir noch ganz tief drin in der Mit-Phase. Was gerade am meisten gehypt wird, das muss natürlich rein. Was also wäre ein neues IT-Vorhaben ohne künstliche Intelligenz? Vielleicht in Wahrheit sinnvoller, besser und weniger energieintensiv. Aber das ist nicht der Punkt. Kundenbetreuung? Gesundheitsapp? Asylverfahren? Es gibt nichts, das sich nicht durch eine Prise KI verfeinern ließe – und wenn es nur dazu dient, zu zeigen, dass man am Puls der Zeit ist.

Immerhin: KI hat mit seinem Hype endlich das vorige Mit-Thema ins Aus gekickt: Blockchain. Das hielt sich erstaunlich lange, wurde zwischendurch kurz überlagert vom Metaverse und von NFTs, von denen heute nur noch Nerds wissen, was das eigentlich ist und dass es auch etwas mit Blockchains zu tun hat.

Das Ohne-Zeitalter auch für KI?

Dass es mit dem Blockchain-Thema zu Ende ging, hätte man spätestens dann ahnen können, als Brauereien anfingen, das Logo der Kryptowährung Bitcoin auf Biere zu drucken. Hat ja auch wirklich viel miteinander zu tun: Kann beides in Überdosis gefährlich werden, ist in der Herstellung etwas für Spe­zia­lis­t:in­nen und na ja, beides beginnt mit dem Buchstaben B.

Warum sollte das mit KI nicht funktionieren? Katzenfutter, Koriander, Kartoffelecken, Käse, Kaffee, Kürbis, Kalbfleisch – da lässt sich mit KI bestimmt noch etwas rausholen. Und wenn sich jemand entscheiden müsste, ob lieber Zusatzstoff E 357 aka Kaliumadipat oder KI im Kuchen sein soll, dann vielleicht doch lieber Letzteres.

Doch womöglich beginnt ja auch bald in der IT das Ohne-Zeitalter. Und überall werben „Ohne Blockchain“-, „KI-frei“- und „Ohne Cloud“-Siegel für Software, die nur das enthält, was auch drin sein muss. Bis dahin dürfen wir uns sicher über weitere interessante Ideen freuen: Wie wäre es denn mit einem Kundenbetreuungschat mit 3-D-Hologramm-Avatar?

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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8 Kommentare

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  • "Eine Firma, die ihr Produkt anpreisen wollte, machte das über plakative Hinweise, was neben dem Offensichtlichen noch so drin sei."



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    Die besten Beispiele sind im Kampf gegen durch Unterlassung irreführendes Marketing Gegenbeispiele:



    "Der Tabak von mehr als 4.000 Zigaretten-, Zigarren- und Zigarillomarken ist in der Liste aufgeführt. Nicht alle Stoffe sind zunächst gesundheitsschädlich. Das liest sich zum Teil wie die Zutatenliste für einen Geburtstagskuchen: So haben einige Hersteller Zucker, Rum, Schokolade und Lakritze in den Tabak gemischt."



    Quelle taz.de



    oder



    "Lebensmittel „ohne Farbstoffe“ sind häufig dennoch gefärbt. Dafür sorgen Konzentrate oder Pulver aus Obst und Gemüse oder Gewürze. Sie gelten meist nicht als Farbstoffe und müssen deshalb auch nicht als Zusatzstoffe gekennzeichnet werden. Auf ihre färbende Eigenschaft wird häufig auch nicht hingewiesen. Ein derart optisch aufgepepptes Lebensmittel kann eine höhere Qualität vortäuschen. So kann beispielsweise ..."



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    www.lebensmittelkl...schmack-verstaerkt

  • Sieht gut aus für ein Ende der KI Blase. Nachteil ist, dass Menschen Angst davor entwickeln, statt zu verstehen, wie sinnlos diese Nichentechnologie zweckentfremdet wird.

    »Adverse impacts of revealing the presence of “Artificial Intelligence (AI)” technology in product and service descriptions on purchase intentions: the mediating role of emotional trust and the moderating role of perceived risk«

    doi.org/10.1080/19368623.2024.2368040

  • Schonn schön - wie sich die Bilder gleichen! Woll

    KI - macht’s möglich!



    😻 Upcycling und Katzenfutter 🙀

    Na Mahlzeit

  • Begonnen hat das alles mit den 90er-Jahre Billigkameras, die expressis verbis als "focus-free" beworben, einen Mangel als Feature darboten. Das war noch, wie jeder Anfang einer großen Sache, ein fast verstohlener Verschleierungsversuch, den nämlichen Makel betreffend. Allmählich wurde aber aus der Abwesenheit von etwas ein veritables Feature, nicht mehr bloßes Fehlen. Als erstes waren die Konservierungsstoffe dran. Beinahe 100 Jahre nachdem der Mensch lernte seinen Fraß zu konservieren, war nun es wirklich höchste Zeit, es ohne zu versuchen — und siehe da, es ging! Nun hatte der Purismus endlich seine Zeit. Verzicht konnte man als Heilmittel preisen und allerhand zuvor für unmöglich Gehaltenes plötzlich denkbar — "weniger ist mehr" galt selbst für ehedem Elitäres und "Studieren ohne Abitur" kein Schrecknis mehr. "Ohne" war das neue Refugium der Progressiven und "mit" der peinliche Strohalm der Uninspirierten. EinenRückschlag erlitt alles, als in den USA mit medialer Hilfe (TBBT) die "Everything is better with Bluteooth"-Bewegung aufkam. Aber wie es so mit Gegenaufklärungen ist, war sie nur ein letztes Aufbäumen der Rüstzeug-Gläubigen. Wir aber wandelten da längst nackt und selig.

  • Wenn doch der Klimawandel für viele hier das drängendste Menschheitsproblem ist - warum hat noch niemand Hunde- und Katzenhaltung (von wenigen therapeutisch oder medizinisch notwendige Ausnahmen) in Frage gestellt.

    • @Michas World:

      😳Ganz schlechtes Thema für Millionen HalterInnen, die Berechtigung ihrer teuren treuen Tierliebe so subtil zu hinterfragen. Als PolitikerIn wären Sie mit einem Schlag / Statement dadurch wohl "erle(di)gt".🤔😉☺️

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Michas World:

      Die Haltung von Hunden und Katzen wurde hier schon häufig in Frage gestellt.



      Dadurch habe ich gelernt, dass es in Deutschland zu wenige Hunde gibt. Es gibt so viele Schlachtabfälle, dass die gar nicht alle zu Tierfutter verarbeitet werden können. Darum werden diese Abfälle als sogenanntes „Separatorenfleisch" der „Nahrung" für Menschen beigemischt...

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Schlachtabfälle kann man hervorragend in Biogasanlagen nuzen.