Radschnellverbindungen in Berlin: Aus „schnell“ wird „irgendwann“

Sorry, aber Geld ist aus: Die Senatsverkehrsverwaltung legt die meisten der geplanten Radschnellverbindungen auf Eis.

Fahrradfahrende auf einem breiten Weg neben einer Zugtrasse

Noch gibt es gar keine Radschnellverbindungen – aber sie könnten aussehen wie diese Strecke zwischen Yorckstraße und Südkreuz Foto: IMAGO / photothek

BERLIN taz | Sie galten als Leuchtturmprojekt der Verkehrswende – jetzt ist unklar, ob es sie überhaupt noch im Plural geben wird: Die Radschnellverbindungen (RSV), die komfortable und möglichst unterbrechungsfreie Wege von den Rändern ins Zentrum der Stadt bieten sollen, stehen auf der Kippe. Der Verein Changing Cities will erfahren haben, dass von einem ursprünglichen Budget von 400 Millionen Euro nur noch 50 Millionen übrig bleiben sollen. Damit würden „neun von zehn Radschnellverbindungen weggespart“.

Seine Quellen will Changing Cities nicht offenlegen, laut Sprecherin Ragnhild Sørensen gibt es aber belastbare Hinweise darauf, dass sich die Verkehrsverwaltung unter Ute Bonde (CDU) vom Gros der Verbindungen verabschiedet hat. Lediglich die RSV 3, die vom Wannsee über Königs- und Kronprinzessinnenweg (großteils parallel zur Avus) nach Charlottenburg führt, werde noch abgeschlossen – das wären gerade einmal 13,8 von 100 anvisierten Kilometern.

„Wenn CDU und SPD nun auch die Axt an die Radschnellverbindungen anlegen, stirbt das Radverkehrsnetz und damit die Verkehrswende“, kommentiert Sørensen. „Diese Verbindungen, die Pend­le­r*in­nen nachhaltig und komfortabel in die Stadt bringen sollen, sind die Hauptschlagader des Radnetzes.“ Ohne die RSV blieben alle kleineren Infrastrukturmaßnahmen in den Bezirken isoliert. Gleichzeitig sei von Einsparplänen bei Straßen-Großprojekten wie der umstrittenen TVO durch die Wuhlheide nichts bekannt.

Die Senatsverwaltung will das so nicht stehen lassen: Bei den erwähnten 400 Millionen handele es sich „um eine grobe Schätzung der zu erwartenden Kosten, wenn man alle bisher avisierten Maßnahmen von Radschnellverbindungen und Fahrradparkhäusern umsetzen würde“, so Sprecherin Petra Nelken am Mittwoch zur taz. Ein solches Budget habe es „in dem Sinne, dass man diese Summe nun einsparen kann oder will, nie gegeben“.

Kommt: Wannsee–Charlottenburg

Allerdings bestätigte sie, dass „aufgrund der Haushaltssituation eine realistische Absicherung dieses Finanzvolumens in nächster Zeit nicht möglich“ sei – das mache „eine politische Entscheidung zur Priorisierung der Maßnahmen dringend erforderlich“. Tatsächlich ist laut Nelken von den geplanten RSV nur die Wannsee-Charlottenburg-Route „hochpriorisiert“. Hier solle „schnellstmöglich der Antrag auf Planfeststellung gestellt werden, um zeitnah mit dem Bau beginnen zu können“.

Des Weiteren sollen nach dem Willen der Verkehrsverwaltung noch die Planungen für die Ost-Route (RSV 9) „bis hin zu einer möglichen Einreichung der Planfeststellungsunterlagen“ vorangetrieben werden. Diese 23 Kilometer lange Verbindung würde vom S-Bahnhof Tiergarten in Mitte bis zum östlichen Stadtrand am U-Bahnhof Hönow reichen.

Bei allen weiteren RSV werde „die in Bearbeitung befindliche Planung zunächst qualifiziert zu einem Ende gebracht, um zu einem späteren Zeitpunkt die Planung mit diesem Stand fortsetzen zu können“, so Sprecherin Nelken. „Die Weiterführung soll dann in Abhängigkeit der Finanzierbarkeit fortgeführt werden.“

Kritik daran kommt sowohl von den oppositionellen Grünen als auch von der mitregierenden SPD. Oda Hassespaß, verkehrspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, bezeichnete die Situation als das „bekannte Gegeneinander der CDU“, die teure Autostraßenprojekte selbst ohne Bundesmittel finanzieren, aber „ausgerechnet dort sparen“ wolle, „wo die Menschen auf ihren täglichen Wegen auf Sicherheit angewiesen sind“.

Die umwelt- und klimapolitische Fraktionssprecherin der SPD, Linda Vierecke, sagte, wer den Autoverkehr in der Stadt reduzieren und CO2 sparen wolle, müsse „die Außenbezirke in den Blick nehmen“. Für diese aber seien die Radschnellverbindungen extrem wichtig. „Daher halte ich es für falsch, an dieser Stelle zu sparen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben