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Das Ende der PlageKarnickelsterben nun auch in Bremen

Die Bestände des Europäischen Wildkaninchens gehen aufgrund von Seuchen kontinuierlich zurück. Bremen war bisher eine Ausnahme.

Bremen galt bisher als die Insel der Seligen: Nun sterben auch hier viele Kaninchen Foto: Lino Mirgeler/dpa

Bremen taz | Einhändig schiebt die junge Frau ihr Rennrad über die Fußgängerbrücke am Werdersee, mit der anderen hält sie ein junges Wildkaninchen an die Brust gedrückt. Wahrscheinlich hat sie es unterwegs gefunden, denn kranke Kaninchen sind derzeit in Bremen kein seltener Anblick.

Sie hoppeln erst im letzten Moment davon oder bleiben einfach hocken, das Fell sieht struppig aus, die Augen verquollen. Wer sie aufhebt und zum Tierarzt schleppt, tut ihnen keinen Gefallen, denn der kann sie nicht behandeln, nur einschläfern. Verantwortlich für das Massensterben sind zwei Infektionskrankheiten, die beide Kaninchenseuche genannt werden.

Sie treten regelmäßig auf, derzeit unter anderem in Bremen. Das besondere daran ist: Die Kaninchenpopulation im Stadtstaat war bislang noch recht stabil. Klein­gärt­ne­r:in­nen auf dem Stadtwerder, einer etwa sechs Kilometer langen Weser-Halbinsel, die etwas von ihrem Salat haben wollen, setzen deshalb Kaninchenzäune oder wappnen sich mit Hochbeeten gegen den Kahlschlag. In anderen Regionen hingegen kann schon seit längerem von Kaninchenplagen keine Rede mehr sein, die Bestände gehen zurück.

In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet auf der iberischen Halbinsel wurde das Europäische Wildkaninchen 2018 von der Weltnaturschutzorganisation IUCN sogar als gefährdete Art eingestuft.

In Deutschland ist dies noch nicht der Fall. Hier steht die Art auf einer Vorwarnliste. Kaninchenbestände gingen nach Daten aus dem Jahr 2016 in allen Bundesländern seit 2006 zurück, heißt es im Bericht des Rote-Liste-Zentrums, einer vom Bundesamt für Naturschutz beauftragten Institution. In Thüringen gilt es demnach sogar als „stark gefährdet“. Nur in Bremen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz sei bis dato kein Abwärtstrend zu erkennen gewesen. Die Bestände „schwanken“ dort lediglich, dezimieren sich also nach Seuchenzügen und erholen sich dann wieder.

„Kommen mit dem Einsammeln nicht hinterher“

Diese Angaben scheinen allerdings überholt zu sein. Laut dem jüngsten Jagdbericht des Landes Niedersachsen wurden im Jahr 2022 so wenig Kaninchen von Jä­ge­r:in­nen erlegt oder tot aufgefunden wie noch nie zuvor. Die im Jagdbericht abgebildete Kurve zeigt dies recht eindrücklich. Bis Anfang der 1990er Jahre schwankt diese, danach geht es nur noch bergab.

Von 300.000 erfassten toten Kaninchen Ende der 70er Jahre bis zu 12.445 im Jahr 2022. Nicht einmal mehr die Hälfte aller 3.058 Reviere meldeten überhaupt noch Kaninchenvorkommen, heißt es im Bericht. Eine ähnliche Entwicklung zeigt der Jagdbericht für Schleswig-Holstein.

Und Bremen? „Das war bisher die Insel der Seligen“, sagt Richard Onesseit, der als ehrenamtlicher Stadtjägermeister das Ordnungsamt als Jagdbehörde berät. Wenn er Kol­le­g:in­nen aus anderen Städten durch die Bremer Reviere geführt habe, hätten die oft über die vielen Kaninchen gestaunt. Der Bremer Jagdbericht zeigt über die vergangenen 25 Jahre eine Schwankung zwischen 400 und 1.300 erfassten toten Tieren. Die Population schien im gesamten Stadtgebiet bisher vergleichsweise intakt – wie auch in einigen anderen Regionen in Deutschland.

Jetzt befürchtet Richard Ones­seit, dass sich das ändern wird. Denn in diesem Jahr sterben auch in Bremen überdurchschnittlich viele Kaninchen. „Wir kommen gar nicht mehr hinterher mit dem Erlegen kranker Tiere und Einsammeln der Kadaver“, sagt Richard Onesseit.

Das habe bereits im März begonnen, sagt der Stadtjägermeister, was ungewöhnlich früh sei, weil die Myxomatose, eine Pockenerkrankung, hauptsächlich von Mücken übertragen werde. Das Myxoma-Virus soll 1952 in Frankreich gezielt zur Bekämpfung einer Kaninchenplage eingeführt worden sein und sich von dort verbreitet haben.

Ob die Bremer Kaninchen mehrheitlich wirklich an Myxomatose sterben – wovon der Bremer Jägermeister aufgrund der äußerlich sichtbaren Symp­tome überzeugt ist – ist allerdings unklar, weil keine Proben genommen und untersucht werden.

Bestände erholen sich nicht mehr

Es könnte sich auch um ein anderes Virus handeln, das nicht über Mücken übertragen wird und daher ganzjährig grassiert. RHD, kurz für Rabbit Hemorrhagic Disease, wurde 1984 erstmals beobachtet und hat sich seitdem weltweit ausgebreitet, nach Angaben des Friedrich-Löffler-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, seit 2015 in einem weiteren Stamm, genannt RHD-2. Dieses befällt auch sehr junge Tiere.

Warum sich die Bestände nach Krankheitsausbrüchen nicht mehr erholen, wie es früher der Fall war, oder ganz erlöschen, ist unklar. Laut Weltnaturschutzorganisation konnten sich Kaninchen bisher besser in Kulturlandschaften behaupten als in der freien Wildbahn. Das Rote-Liste-Zentrum hält hingegen die „Bebauung oder Intensivierung der für eine Nutzung geeigneten Standorte“ für ursächlich und der Landesjagdbericht Schleswig-Holsteins die „Intensivierung der Landwirtschaft“ sowie den Druck durch Beutegreifer.

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1 Kommentar

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  • Banal auch nicht in Haus oder Stall.



    Hilfe zur Selbsthilfe ist für Hobbyzüchter möglich:



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    "Die wenigsten Halter lassen verstorbene Tiere labordiagnostisch untersuchen. Darüber hat RHD nicht den Status einer anzeigepflichtigen Tierseuche. Daher gibt es keine öffentliche Statistik und Seuchengebiete werden nicht öffentlich ausgewiesen. Stattdessen gibt es private Statistiken. Hasenhalter sammeln Fälle und warnen sich gegenseitig. Betroffene können verstorbene Tiere auf Internetplattformen melden."



    Quelle



    www.nordkurier.de/...ur-impfung-1127049