Regierungsbildung in Frankreich: Macrons Allmacht ist vorbei
Olympia ist zu Ende, in Frankreich geht es jetzt wieder um die zähe Regierungsbildung. Macron sollte endlich die Kandidatin der Linken akzeptieren.
Präsident Macron stilbewusst bei der Wahl zum französischen Parlament Ende Juni Foto: Yara Nardi/reuters
Zwei Wochen lang befand sich Frankreich auf einem olympischen Höhenflug. Euphorisch verfolgte das Land die Wettkämpfe seiner Sportlerinnen und Sportler. Doch mit der Schlussfeier holte die Französinnen und Franzosen die Realität wieder ein: Das Land hat auch gut fünf Wochen nach den Parlamentswahlen immer noch keine neue Regierung.
Eine Lösung ist nicht in Sicht, denn die Nationalversammlung ist in drei Blöcke gespalten. Der parlamentarischen Logik zufolge würde die Aufgabe, eine Regierung zu bilden, dem größten dieser Blöcke zufallen – also dem Linksbündnis Neue Volksfront (NFP). Das hatte sich nach langem Tauziehen Ende Juli auf die völlig unbekannte Finanzdirektorin der Stadt Paris, Lucie Castets, als Kandidatin für das Amt der Regierungschefin geeinigt.
Doch Emmanuel Macron, der die Nationalversammlung im Juni unter dem Schock der Europawahlen überraschend aufgelöst hatte, setzt sich über den Vorschlag hinweg. Statt dessen nutzt er seinen Sommerurlaub am Mittelmeer, um in Hinterzimmergesprächen einen neuen Premierminister zu suchen. Natürlich obliegt es laut Verfassung dem Präsidenten, einen neuen Regierungschef oder eine -chefin zu ernennen.
Aber Macron sollte dabei das Wahlergebnis nicht vergessen. Schließlich wurde seine Partei Ensemble massiv abgestraft. Und der rechtspopulistische Rassemblement National wurde nur deshalb nicht stärkste Fraktion, weil NFP und Ensemble ihre Differenzen hintanstellten und eine Brandmauer bildeten.
Das Linksbündnis hat deshalb den Auftrag zur Regierungsbildung doppelt verdient. Sogar der Alt-Konservative Dominique de Villepin fordert den Staatschef auf, die Regierungsbildung der NFP zu überlassen. Erst wenn diese scheitere, könne Macron einen von ihm ausgewählten Premierminister ernennen. Der Präsident, der die Opposition jahrelang ignorierte, wünscht sich nun eine Zusammenarbeit aller gemäßigten Kräfte. Aber eine solche Koalition der Mitte lässt sich nicht von oben herab befehlen. Die Zeiten des allmächtigen Präsidenten sind vorbei – Macron muss das akzeptieren.
Regierungsbildung in Frankreich: Macrons Allmacht ist vorbei
Olympia ist zu Ende, in Frankreich geht es jetzt wieder um die zähe Regierungsbildung. Macron sollte endlich die Kandidatin der Linken akzeptieren.
Präsident Macron stilbewusst bei der Wahl zum französischen Parlament Ende Juni Foto: Yara Nardi/reuters
Zwei Wochen lang befand sich Frankreich auf einem olympischen Höhenflug. Euphorisch verfolgte das Land die Wettkämpfe seiner Sportlerinnen und Sportler. Doch mit der Schlussfeier holte die Französinnen und Franzosen die Realität wieder ein: Das Land hat auch gut fünf Wochen nach den Parlamentswahlen immer noch keine neue Regierung.
Eine Lösung ist nicht in Sicht, denn die Nationalversammlung ist in drei Blöcke gespalten. Der parlamentarischen Logik zufolge würde die Aufgabe, eine Regierung zu bilden, dem größten dieser Blöcke zufallen – also dem Linksbündnis Neue Volksfront (NFP). Das hatte sich nach langem Tauziehen Ende Juli auf die völlig unbekannte Finanzdirektorin der Stadt Paris, Lucie Castets, als Kandidatin für das Amt der Regierungschefin geeinigt.
Doch Emmanuel Macron, der die Nationalversammlung im Juni unter dem Schock der Europawahlen überraschend aufgelöst hatte, setzt sich über den Vorschlag hinweg. Statt dessen nutzt er seinen Sommerurlaub am Mittelmeer, um in Hinterzimmergesprächen einen neuen Premierminister zu suchen. Natürlich obliegt es laut Verfassung dem Präsidenten, einen neuen Regierungschef oder eine -chefin zu ernennen.
Aber Macron sollte dabei das Wahlergebnis nicht vergessen. Schließlich wurde seine Partei Ensemble massiv abgestraft. Und der rechtspopulistische Rassemblement National wurde nur deshalb nicht stärkste Fraktion, weil NFP und Ensemble ihre Differenzen hintanstellten und eine Brandmauer bildeten.
Das Linksbündnis hat deshalb den Auftrag zur Regierungsbildung doppelt verdient. Sogar der Alt-Konservative Dominique de Villepin fordert den Staatschef auf, die Regierungsbildung der NFP zu überlassen. Erst wenn diese scheitere, könne Macron einen von ihm ausgewählten Premierminister ernennen. Der Präsident, der die Opposition jahrelang ignorierte, wünscht sich nun eine Zusammenarbeit aller gemäßigten Kräfte. Aber eine solche Koalition der Mitte lässt sich nicht von oben herab befehlen. Die Zeiten des allmächtigen Präsidenten sind vorbei – Macron muss das akzeptieren.
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Schwerpunkt Frankreich
Kommentar von
Christine Longin
Autor*in
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