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Andreas Rüttenauer Front SportifOlympiahymne und Wiesnhit

Mit einem Ohrwurm tanzt unser Olympia-Kolumnist summend zum Ende der Spiele aus Paris. Diese beiden Wochen scheinen ihn irgendwie berührt zu haben.

Singen für Olympia: Die Marseillaise geht in Paris immer Foto: imago

T änzelnd bewege ich mich durch die Straßen. Die ersten Leute schauen mich an. Einige wenige lächeln, die meisten runzeln die Stirn. Habe ich eben wirklich laut vor mich hingesungen? Laaa, lala, la. Seit ein paar Tagen schon bekomme ich diesen Ohrwurm nicht mehr aus dem Kopf: „Sweet Caroline“. Das ist also der Sound, den ich von diesen Spielen mit nach Hause nehme. Wer hätte das gedacht. La, la, lala.

Die Stadion- und Hallen-DJs haben viel versucht, um auch französisches Liedgut unter die Olympiagäste zu mischen. Manchmal ist es ihnen auch gelungen, alle Tribünen zu einem lauten „Aux Champs Elysées …“ zu animieren. Aber so richtig ist der Funke nicht übergesprungen. Dann ist noch der übliche Sportbudenzauber zum Einsatz gekommen. Die Dance-Cam zum Beispiel, die tanzende Zuschauer eingefangen hat, um sie auf die Videowände zu projizieren.

In der besonders lauten Beachvolleyball­arena wurden die Zuschauer andauernd aufgefordert, auch selbst zum Sound des Events beizutragen. Wenn der DJ es wollte, und tatsächlich gerade ein Ball spektakulär geblockt worden ist, sollten alle „Monsterblock! Monsterblock!“ skandieren. Fast alle haben mitgemacht und auf der Videowand konnten sie sehen, dass sie dazu eine Handbewegung ausführen sollten, die an einen Block erinnert. Auch bei diesem Stimmungsworkout hat der größte Teil des Publikums mitgemacht.

Winzige Nische im Musikprogramm

Ein gar lustiges Video haben die Stimmungsmacher an den Sportstätten auch immer wieder abgespielt. Da wurden historische Sportfotos, die Männer und Frauen in den vor 100 Jahren üblichen und heute so drollig aussehenden Sportdressen animiert. Und so sangen die historischen Sportlerinnen und Sportler, denen man die korrekten Mundbewegungen ins Gesicht programmiert hatte: „Video killed the Radio Star“. Auch dazu durfte mitgesungen werden. Und es wurde. Mögen andere interpretieren, was das über das typische Olympiapublikum in Paris sagen könnte.

Zum Hit der Spiele hat es für den Song der Buggles von 1979 aber nicht gereicht. Gold in der Kategorie Hit der Spiele geht auch nicht an Céline Dion, nicht an Édith Piaf und auch für Johnny Hallyday, das 2017 verstorbene, rockende Nationalmonument Frankreichs, nach dem der Platz vor der Arena Paris Bercy benannt ist, gibt es nur eine winzige Nische im Musikprogramm der Spiele.

Der olympische Hit stammt von Neil Diamond: „Sweet Caroline!“. Wer den Text nicht kannte, brauchte nur auf die Anzeigetafel zu schauen. Ganz laut wurde es jedenfalls immer bei diesem Stadionkaraoke, dem auch ich mich nicht entziehen konnte. „Touchin’ me, touchin’ you“. Und so schlendere ich heiter und summend durch die Stadt, aus der sich die Spiele gerade verabschieden. Sie scheinen mich berührt zu haben.

Ob ich wohl an Paris denken muss, wenn ich in ein paar Wochen auf dem Oktoberfest zu diesem ewigen Wiesnhit schunkeln werde? Laaa, lala, la.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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