Demenzrisiko vermindern: Gesundheit fürs Gehirn

Gut die Hälfte aller Demenzfälle könnten vermieden werden, sagt eine neue Studie. Das stimmt nur halb, ist aber trotzdem interessant.

Gesund ist anders: Alkoholkonsum und Rauchen zählen zu den Risikofaktoren für Demenz Foto: imago

Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Demenz, Tendenz steigend. Knapp die Hälfte dieser Demenzerkrankungen wäre vermeidbar oder zumindest stark verzögerbar – zu diesem Schluss kommt ein neuer Report der Lancet-Kommission für Demenzprävention.

Im Jahr 2017 veröffentlichten diese Ex­per­t*in­nen erstmals eine Liste von Risikofaktoren für Demenz. Dazu gehören so unterschiedliche Faktoren wie geringe Bildung, eingeschränkte Hörfähigkeit, Depressionen, Kopfverletzungen, Bewegungsmangel, Diabetes Typ 2, Rauchen, Bluthochdruck, starkes Übergewicht, übermäßiger Alkoholkonsum, soziale Isolation und Luftverschmutzung.

Diese – nicht unumstrittene – Auflistung wurde jetzt um zwei Faktoren ergänzt: Auch ein hoher Cholesterinspiegel ab dem 40. Lebensjahr und eine nicht behandelte Sehschwäche im fortgeschrittenen Alter erhöhen jeweils die Wahrscheinlichkeit, eine Demenz zu entwickeln.

Du liest einen Text von unserem Team Zukunft. Wenn Du Lust auf mehr Zukunft hast, dann abonniere den Newsletter von Team Zukunft. Jeden Donnerstag bekommst du von unseren vier Autorinnen eine Mail mit starken Gedanken für uns und den Planeten. Dein Zukunfts-Briefing mit guter Nachricht inklusive.

Bestelle jetzt unseren Newsletter Team Zukunft – kostenlos

Die Studie

Der Report beruht auf einer Metaanalyse bestehender Studien zu Risikofaktoren für Demenz. Aus diesen Daten berechneten die Expert*innen, dass 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindert werden könnten, wenn man alle Risikofaktoren eliminierte. Die Nachricht geistert nun durch die Medien, sie ist aber mit Vorsicht zu genießen.

Kritische Ex­per­t:in­nen betonen, dass einzelne Faktoren sich überlappten, sodass ein Aufsummieren nicht sinnvoll sei. Auch könne die Studie keine Kausalität zwischen einzelnen Faktoren und Demenz darlegen, sondern nur Korrelation nachweisen.

Ob ein zu hoher Cholesterinspiegel beispielsweise direkt zu Demenz führt oder stattdessen zu Herzproblemen, die wiederum dem Gehirn schaden, lässt sich aus der Literatur nicht herauslesen. Ebenfalls kritisiert wird die Auswahl der Studien für die Metaanalyse, denn sie überrepräsentiert die Bevölkerung der Nordhalbkugel. Das stärkste Argument: Es sei unmöglich, alle Risikofaktoren komplett auszuschalten – die 45 Prozent werden daher als sehr hoch gegriffen eingeschätzt.

Was bringt’s?

Der Report zeigt Handlungsspielräume auf. Die gute Nachricht dabei: Wer allgemein auf seine Gesundheit achtet und vor allem auf die Herzgesundheit, der schützt auch sein Gehirn. Die Risikofaktoren zeigen, wo wir ansetzen können, um körperlich und geistig fit zu bleiben. Manche Faktoren, etwa Alkoholkonsum, können die Menschen selbst beeinflussen.

Was die Studie einigen Ex­per­t*in­nen zufolge nicht ausreichend betont, ist die Verantwortung der Politik: Sie muss Rahmenbedingungen schaffen, in denen ein gesundes Leben möglich und naheliegend ist. Luft muss sauber sein, gesunde Ernährung bezahlbar.

Außerdem zeigt das Modell der Lancet-Kommission, dass Demenzprävention nicht erst im Alter beginnen sollte. Jedes gesunde Lebensjahr zählt. Jerrit Schloßer

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben