Ermittlung wegen Missbrauchsdarstellung: Linken-Abgeordneter unter Verdacht

Der Thüringer Landtag hat die Immunität eines Linken-Politikers aufgehoben. Gegen ihn wird wegen Kinder-Missbrauchsdarstellungen ermittelt.

Die Polizei hat das Büro eines Linke-Abgeordneten im Thüringer Landtag durchsucht Foto: Hannes P Albert/dpa

LEIPZIG taz | Die Polizei hat die Räume eines Landtagsabgeordneten der Linken in Thüringen durchsucht. Direkt nachdem der Justizausschuss seine Immunität aufgehoben hatte, betraten die Beamten in Erfurt die Räume der Fraktion, ebenso wie das Wahlkreisbüro des Verdächtigen und auch die Räume an seiner privaten Adresse. Die Staatsanwaltschaft in Erfurt verdächtigt ihn, Kinderpornografie zu besitzen. Die Vorsitzenden der Landespartei reagierten entsetzt und sprachen von „erschütternden Vorwürfen“.

Bei den mehrstündigen Durchsuchungen habe die Polizei Datenträger gesichert, teilte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der taz mit. Wie lange die Auswertung dauern werde, sei unklar. Zur Identität des Verdächtigen äußerte man sich nicht. Laut Medienberichten soll er über die IP-Adresse des Landtags einschlägige Foren im Internet besucht haben.

Die Vorsitzenden der Linken in Thüringen, Ulrike Grosse-Röthig und Christian Schaft, teilten am Mittwochmorgen mit, sie seien „tief erschüttert über die schweren Vorwürfe zum Privatleben eines Landtagsabgeordneten“. Dieser lasse mit sofortiger Wirkung seine Arbeit in der Fraktion ruhen, „bis zur Klärung der Angelegenheit“.

Partei und Fraktion kündigten an, die Polizei und die Staatsanwaltschaft Erfurt in ihren Ermittlungen zu unterstützen. Zudem baten die Vorsitzenden Grosse-Röthig und Schaft, „im öffentlichen Umgang mit der Angelegenheit ausdrücklich um Rücksichtnahme auf die Familie des Abgeordneten“.

Weiterhin auf der Landesliste

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat sich zu dem Verdachtsfall in seiner Partei geäußert: „Es muss schnell, lückenlos und konsequent aufgeklärt werden!“ Er betonte, Recht und Gesetz gelte für alle – auch für Politiker. Auf Facebook schrieb der 68-Jährige außerdem, sollten die Vorwürfe zutreffen, „erwarte ich harte Konsequenzen“. Ähnlich hatte sich bereits der Fraktionsvorsitzende Steffen Dittes geäußert. Dieser sei erst nach der Sondersitzung des Justizausschusses informiert worden.

Die Ermittlungsbehörden waren sichtlich um Geheimhaltung bemüht. Anders als bei anderen Immunitätsaufhebungen wurde den Ausschussmitgliedern vorher nicht mitgeteilt, um wen und welche Vorwürfe es ging. Bevor sie zur Sitzung hineindurften, mussten die Mitglieder zudem ihre Telefone abgeben. Mutmaßlicher Grund: Der Verdächtige sollte nicht vorgewarnt werden. Laut dpa gab es fünf gerichtliche Durchsuchungsbeschlüsse gegen den Verdächtigen.

Die Vorsitzenden der Linken gaben an, der Verdächtige beteilige sich nicht mehr am laufenden Wahlkampf. Am 1. September wählt Thüringen ein neues Landesparlament. Nach Informationen der taz steht der Verdächtige auf der Wahlliste und tritt in einem Wahlkreis auch als Direktkandidat an. Die Linke Thüringen äußerte sich dazu zwar nicht, ein Sprecher erklärte der taz aber auf Nachfrage: Wer durch den Wahlleiter bereits akzeptiert sei, könne davon nicht zurücktreten.

Bei der letzten Landtagswahl bekam die Linke noch 31 Prozent; seitdem stellt sie den Ministerpräsidenten, der allerdings gemeinsam mit den Grünen und der SPD eine Minderheitsregierung anführt. In Umfragen lag die Linke zuletzt bei 15 Prozent.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben