Demokraten im Wahlkampf: Warum die Republikaner seltsam sind

Der Vizekandidat der US-Demokraten, Tim Walz, findet die Republikaner komisch, er nennt sie weird. Aber was bedeutet das eigentlich?

Für die Demokraten ist der Fokus auf die weirdness von Trump und Vance eine neue Angriffslinie Foto: Evan Vucci/AP/dpa

Der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner, J. D. Vance, stand im Juli auf einer Bühne in seinem Heimatstaat Ohio. In einem Versuch, vor seinen Anhängern lustig und nahbar zu wirken, beschwerte er sich über die Demokraten.

Alles, was man tue, sei in ihren Augen rassistisch, sagte Vance. „Ich habe gestern eine Diet Mountain Dew getrunken und heute eine. Ich bin sicher, dass sie das auch rassistisch nennen werden.“ Es folgte vereinzeltes Lachen. Fremdschämen. Und Ratlosigkeit. Wieso soll Mountain Dew in den Augen der Demokraten rassistisch sein? Vance’ Aussage und sein Auftreten waren irgendwie… weird. Komisch eben.

Die weirdness von Vance und seinem running mate Donald Trump ist in den USA mittlerweile zum Meme geworden und damit auch zum Einflussfaktor im Wahlkampf. Auslöser dafür: der frisch ernannte Vize der Demokraten, Tim Walz. Noch vor seiner Ernennung nannte er das Duo Trump-Vance in einem Interview mit dem Fernsehsender MSNBC „einfach weird“ und bezeichnete sie im selben Atemzug als Frauenhasser. „Das sind weirde Leute auf der anderen Seite“, fügte Walz später an.

Für die Demokraten ist der Fokus auf die weirdness von Trump und Vance eine neue Angriffslinie. Bislang hatten sie unablässig vor dem autoritären Gehabe der Republikaner gewarnt und die Rechten als Bedrohung für die liberale Demokratie bezeichnet. Doch indem sie derart hyperventilierten, blähten sie Trump und seine Unterstützer künstlich auf.

Beobachtung statt Beleidigung

Sie jetzt weird und damit irgendwie bemitleidenswert zu nennen lässt die Luft dagegen raus. Frauen vorschreiben, was sie mit ihren Körpern tun sollen? Weird. Bücher in Schulen verbieten? Weird. In Klassenzimmern Plakate mit den Zehn Geboten vorschreiben? Weird.

Auf Nachfrage erklärte Walz jüngst, das Attribut weird sei kein Schimpfwort, sondern schlicht eine „Beobachtung“. Doch was bedeutet es eigentlich? Im Deutschen würde man weird wohl am ehesten mit „komisch“ oder „merkwürdig“ übersetzen. Laut dem Oxford Dictionary hatte es ursprünglich auch übernatürliche Anleihen, ein unheimliches Gefühl.

Im alltäglichen Gebrauch wird weird heute in abgeschwächter und abgewandelter Form verwendet. Aber das Gefühl des Unbehagens und der Befremdlichkeit bleibt, wenn der Spray-Tan-Opa damit angibt, wie gerne er Frauen angrabscht, oder sein Sidekick peinliche Sprüche klopft.

Wohl kaum jemand wäre geeigneter, die Vorwürfe der weirdness vorzubringen, als Tim Walz. Videos im Internet zeigen den Gouverneur von Minnesota als nahbaren Midwestern-Dad. Eine Rolle, die er authentisch erfüllt. Er filmt sich auf einem Jahrmarkt, wie er lässig mit Kappe Witze mit seiner Tochter reißt und Achterbahnen ausprobiert.

Auch Biden war seltsam

Während sich die Republikaner in die Privatangelegenheiten der Menschen einmischen wollen, steht Walz für eine solide progressive Politik. Er lacht zwar über seine Tochter, die kein Fleisch isst, verbietet aber trotzdem Konversionstherapien, macht das Mittagessen in der Schule kostenlos und stärkt Arbeiterrechte.

Und trotzdem: So richtig möglich wurde die neue Linie der Demokraten erst nach dem Rückzug Joe Bidens. Denn wer anderen weirdness vorwerfen will, darf nicht selbst altersschwach und schusselig sein, sondern muss gefestigt im Leben stehen.

Und obgleich Biden bei weitem kein Trump ist, gibt es auch von dem amtierenden US-Präsidenten einige Videos, die zeigen, wie er junge Frauen etwas zu lange oder etwas zu intim berührt. Dass Biden diese Clips im Wahlkampf 2020 nicht zum Verhängnis wurden, liegt vor allem an seinem Kontrahenten. Denn der war einfach noch weirder.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1996, Studium der Politikwissenschaft und Nordamerikastudien in Berlin und Paris. Seit April 2023 Volontär der taz Panter Stiftung. Schreibt über internationale Politik, Klima & Energie, und Kultur.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.