Immer mehr Rent­ne­r*in­nen arbeiten: Weiterschuften trotz Rente

1,3 Millionen Al­ters­rent­ne­r*in­nen arbeiten. Viele müssen wegen einer geringen Rente arbeiten. Aber auch soziale Kontakte spielen eine Rolle.

Lästig an der Supermarktkasse, wichtig im Alter: Kleingeld, das auch Mist macht Foto: Matthias Balk/dpa/picture alliance

BERLIN taz | Mehr als eine Millionen Menschen in Deutschland arbeiten, auch wenn sie eigentlich schon im Ruhestand sind. Das sind fast 7 Prozent der 18,6 Millionen Altersrentner*innen, also Menschen, die aufgrund ihres Alters und nicht wegen geringer Erwerbsfähigkeit in Rente sind. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor.

Die Zahlen, auf die sich die Bundesregierung beruft, werden vom Statistischen Bundesamt erhoben. Demnach arbeiteten am 31. Dezember 2022 eine Millionen Menschen, die zur Altersrente noch etwas hinzuverdienten, in einem Minijob. Gut 300.000 Al­ters­rent­ne­r*in­nen waren mehr als geringfügig beschäftigt.

Der Linken-Abgeordnete Matthias W. Birkwald nannte es gegenüber der dpa „unerträglich, dass die Renten in Deutschland durchschnittlich so niedrig sind, dass viele Rentnerinnen und Rentner darauf angewiesen sind, weiterzuarbeiten“.

Die Bundesregierung verwies hingegen in einer Antwort auf eine Anfrage der AfD im Juli, ähnlich zu der Anfrage der Linken, auf eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). In der Studie der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit gaben 90 Prozent der befragten erwerbstätigen Al­ters­rent­ne­r*in­nen als Gründe für ihre Arbeit an, „Spaß“ daran zu haben, die „Kontakte zu brauchen“ oder sich weiterhin eine Aufgabe zu wünschen.

Gründe für Arbeit trotz Rente sind vielfältig

Silke Anger ist Co-Autorin der Studie und sagt gegenüber der taz, dass die Gründe, warum Menschen neben der Rente arbeiten, eben vielfältig seien. Zudem zeige die Studie, dass „jede fünfte Person unter den nicht erwerbstätigen Altersrentnerinnen und -rentnern auch gerne arbeiten würde“, so Anger.

Auch wenn viele Menschen nicht nur des Geldes wegen im Alter weiterarbeiten, bleiben geringe Renten und das Risiko, im Alter in Armut zu leben, allerdings ein großes Problem. Viele Ren­te­r*in­nen in Deutschland müssen mit wenig Geld über den Monat kommen. Laut dem Statischem Bundesamt müssen vier von zehn Rent­ne­r*in­nen in Deutschland (42,3 Prozent) mit einem Netto-Einkommen von weniger als 1.250 Euro im Monat auskommen. Von den knapp 7,5 Millionen Betroffenen sind mehr als 5,2 Millionen Frauen.

Auch in der Studie des IAB gaben über 60 Prozent der Befragten an, auch aus finanziellen Gründen zu arbeiten. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zeigen sich auch hier: „42 Prozent der befragten Frauen gaben an, das Geld sogar dringend zu brauchen“, sagt Anger. Unter den Männern waren es 29 Prozent.

Am Dienstag ist eine Studie erschienen, die von der Ini­tiative Neue Soziale Marktwirtschaft, einer von Arbeitgeberverbänden finanzierten Lobbyorganisation, in Auftrag gegeben worden war. Darin gaben 71 Prozent der Befragten an, dass sie glauben, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht ausreiche, um vor Altersarmut zu schützen.

Trend wird sich fortsetzen

Anger erklärt, dass die Arbeitsbereitschaft älterer Menschen in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VDK, glaubt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. „Die Zahl der älteren Menschen steigt und damit auch die der älteren Erwerbstätigen“, so Bentele.

Als möglichen Grund für die steigende Zahl an erwerbstätigen Rent­ne­r*in­nen nennt sie neben dem demografischen Wandel den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen für vorgezogene Altersgrenzen. Seit 2023 können Rent­ne­r*in­nen so viel dazuverdienen, wie sie wollen. Zugleich betont die VDK-Präsidentin: „Dass Rentnerinnen und Rentner überwiegend Minijobs ausüben, zeigt, dass sich in der Arbeitswelt noch einiges wandeln muss.“

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