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Olympisches Golfturnier startetLochen und kochen

Der deutsche Verband schickt mit Stephan Jäger einen eher unbekannteren Profi nach Paris. Favorit ist der US-Weltranglistenerste Scottie Scheffler.

Mit Schwung zu den Olympischen Spielen: der Deutsche Stephan Jäger belegt in der Weltrangliste Platz 53 Foto: LM Otero/ap

Stephan Jäger also. Der will für Deutschland Olympiasieger werden. „Ich bin dort, um das Golf-Turnier zu gewinnen“, lässt der vollbärtige Mann beherzt wissen, den hierzulande kaum wer kennt. Jäger, 35, geboren im bayerischen Moosinning, ist mit 16 zur College-Ausbildung in die USA gezogen, lebt und wettkämpft seit fast zwei Jahrzehnten dort. Zuletzt gewann er seinen ersten Titel auf der großen PGA-Tour. In Deutschland wurde das allerdings kaum wahrgenommen.

In den USA firmiert dieser Jaeger (derzeit Weltranglistenplatz 53) als „Mister Fiftyeight“, weil ihm 2016 als erstem Golfprofi eine Runde mit 58 Schlägen gelang. Manche nannten ihn darauf auch, haha: Jaegermeister. Jetzt erklärte er Sports Illustrated, dass er sich sehr wohl noch an seine bayerischen Wurzeln erinnere: „Ich koche ein sensationelles Schnitzel, das sag ich Ihnen gleich.“ Gekochtes Schnitzel? An dieser Sensation würde man gern mal naschen.

Der zweite Olympiastarter aus Germany ist Matti Schmid. Den kennt auch kaum wer. Er spielt auch in den USA, hat noch keine stringenten Siegesabsichten für Olympia geäußert und nichts über seine Künste beim Schnitzelkochen. Die bekannten deutschen Namen sind außen vor: Martin Kaymer, Teilnehmer in Rio 2016, ist abgestürzt auf die vergoldete LIV-Gnadenbrottour der Saudis.

Auch kein Marcel Siem ist in Paris. Bernhard Langer, 66, immer noch hoch aktiv und auf der Seniorentour erfolgreich, hätte für sein Lebenswerk ein tolles Dankeschön verdient gehabt. Der Golf-Verband aber wollte nicht. Ob er bis 2028 wartet? Bei Olympia in Los Angeles würde sich der alte Mann den Transatlantikflug sparen.

Wenn Jäger olympisch triumphieren will, muss er ab diesem Donnerstag vier Tage lang reichlich Weltklasse hinter sich lassen, darunter ein halbes Dutzend Major-Sieger. Als Favoriten werden der US-Weltranglistenerste Scottie Scheffler gehandelt und der olympische Titelverteidiger Xander Schauffele (ebenfalls USA), im Juli Sieger der British Open im schottischen Troon. Dazu der Nordire Rory McIlroy, obwohl der seit Jahren auf einen großen Turniersieg wartet und zuletzt bei den Open unterirdisch schwach spielte.

Olympische Ehren statt ölige Dukaten

McIlroy tritt übrigens für die Republik Irland an, nicht für Großbritannien, wozu Nordirland ja gehört. Ein anderes Politikum, hier ein finanzielles, bietet der Norweger Viktor Hovland. Er erklärte jetzt mit kühler Logik, warum er sich von der saudischen LIV-Tour nicht mit öligen Dukaten vollscheißen lässt: „Sie hätten mir viel Geld gegeben, aber ich habe ja schon viel Geld.“

Auch Hovland werden Goldchancen eingeräumt. Nicht so sehr Fabrizio Zanotti aus Paraguay, wohl aber durfte er als einziger Schlägerschwinger die Fahne seines Landes bei der Eröffnungsfeier auf der Seine schwenken.

Alle sagen sinngemäß: wow, Olympia, endlich mal kein langweiliger Alltagskampf um banale neue Millionensummen, sondern, wow und nochmal wow, um sportliche Medaillen für die Ewigkeit. Gelocht wird 2024 auf Le Golf National bei Paris, wo 2018 beim Kontinentalwettkampf Ryder Cup Europas Team den höchsten Sieg der Geschichte über die USA feierte.

Wichtigstes Qualifikationskriterium für Olympia war die Weltrangliste, indes dürfen pro Land höchstens vier Spieler bei den jeweils 60 Teilnehmenden (Männer wie Frauen) dabei sein. Pech für Max Homa, – der war Ende 2023 Weltranglistensiebter, hat aber den falschen Pass, denn vier US-Landsleute vor ihm blocken die Plätze.

Bockiges IOC

Anders Joost Luiten: Der Niederländer war über seinen Weltranglistenplatz qualifiziert, aber sein nationales Olympisches Komitee meldete ihn nicht, weil er „keine vernünftige Chance auf eine Top-Acht-Platzierung“ habe. Luiten war erwartungsgemäß empört, klagte und bekam recht. Indes war der Startplatz in Paris schon an einen Nachrücker vergeben. Und jetzt ist das IOC bockig: Frist verpasst, Teilnehmerfeld voll, keine Ausnahme. Luiten instagramte: „Wenn ihr sagt, dass es bei den Olympischen Spielen um Integrität, Fairplay und Respekt geht, dann lügt ihr alle!“

2016 war Golf erstmals seit 1904 wieder olympisch. Damals gewann der Engländer Justin Rose. 2021 ging Gold an Xander Schauffele. Aus Deutschland waren 2016 Martin Kaymer dabei und Alex Cejka, 2021 Hurly Long und Maximilian Kieffer. Alle landeten unter sehr ferner liefen.

Die Frauen spielen ab nächster Woche Mittwoch. Aus Deutschland gehen die strengen Außenseiterinnen Esther Henseleit aus Varel bei Bremen und die Berlinerin Alexandra Försterling in ihrer erst zweiten Profisaison an den Start.

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1 Kommentar

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  • Ach oescher Junggäst - Fairplay - ?

    Haben Olympik-Funktionärs schon immer gern:



    Very old british way - interpretiert! Newahr



    Bei Shakespeare wird unter Fair-Play der höfliche (englisch courteous) Umgang zwischen Feinden verstanden.[5] Seinen Ursprung fand das Fair Play in den aristokratischen englischen Mannschaftssportarten des 16. und 17. Jahrhunderts.[6] Ziel war primär nicht der Sieg, sondern der gemeinsame Genuss eines schönen Spiels, ohne gegen die Spielregeln zu verstoßen.“

    Gern auch - wie hier um lästige Konkurrenz auszuschalten!



    Denn - was wiki nicht wissen will - zB die working class vom Sport fernhalten! Gelle



    Feines Beispiel: John B. Kelly sr - 🚣 - Henley Skulls -



    de.wikipedia.org/w...hn_B._Kelly_senior



    “…1920 wollte Kelly an der berühmten Henley Royal Regatta auf der Themse teilnehmen, doch die Stewards der Regatta verweigerten ihm die Startberechtigung.…



    außerdem war Kelly als gelernter Maurer nach dem gleichen Regelwerk auch persönlich disqualifiziert. Der Ausschluss verursachte einen Medienrummel und Kelly wurde dadurch endgültig zum weltweit bekanntesten Ruderer.…“

    Aber ehna ist ja ⛳️ 🏌️‍♀️so derart egalitär! Newahr



    Daß an all dem nichts dran ist