Schmutzige Seine bei Olympia in Paris: Eine Stadt als Fototapete

Die Posse um die zu schmutzige Seine zeigt: Paris wird für schöne Olympia-Bilder nur benutzt. Die Stadt rächt sich auf ihre Weise.

Schwimmerinnen springen in die Seine, dahinter eine Brücke

Schöne Kulisse zum Eintauchen: Seine am Grand Palais-Pont Alexandre Foto: Andrew Nelles /USA Today via reuters

Was für beeindruckende Bilder. Dutzendweise springen vor der im Stil des Neobarock erbauten Pont Alexandre III erst die Frauen, später die Männer am Mittwoch in die Seine, kraulen um die Wette vom Grand Palais in Richtung Eiffelturm, der sich im Hintergrund in den Himmel streckt. Perfekt für diese Olympischen Spiele im Postkartenformat. Dass das Wasser, offiziell für unschädlich für die Tri­ath­le­t:in­nen erklärt, immer noch reichlich trübe ist, sieht man ja zum Glück im TV nicht so.

Tagelang war die Qualität des Seinewassers das große Thema. Und tagelang war klar, der Triathlon in der Seine wird stattfinden. Komme, was da wolle. The games must go on.

Die Idee, den Sport aus den Arenen in die Stadt zu bringen, hin zu den Menschen, erscheint zwar auf den ersten Blick charmant. Tatsächlich geht es nicht um die Menschen, sondern nur um die historischen Fassaden als pittoresken Hintergrund.

Wer an diesen Tagen durch die französische Hauptstadt geht, stellt fest: Es ist anders als sonst. Nein, kein Gedrängel. Auf den Straßen kaum Autos. In der Metro sogar freie Sitzplätze. Und das liegt nicht nur daran, dass die Tickets für die U-Bahn plötzlich fast das Doppelte kosten.

Nur da, wo Teile der Stadt ganz offiziell zum Sportplatz erklärt wurden, sammeln sich Menschen. Die meisten mit wichtig baumelnden Olympiaausweisen um den Hals. In allen Sprachen der Welt parlierend. Aber Französisch? Da muss man schon genau hinhören. Denn viele Pa­ri­se­r:in­nen sind wie alle Jahre im Sommer aus der Stadt geflohen. Und in diesem Jahr erst recht. Man kann es ihnen nicht verdenken.

Paris ist eine Mahnung an alle anderen Metropolen der Welt, deren Macht­ha­be­r:in­nen von Olympischen Spielen träumen. Sie werden allenfalls als Fototapete gebraucht. Die Stadt Paris immerhin, so mag man es lesen, wehrt sich. Mithilfe des Regens kippt sie der olympischen Gigantomanie ihre ganze Scheiße aus der Kanalisation vor die Füße. Der olympische Traum ist nicht tot. Er riecht nur ein wenig. Nach Haute Koture.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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