Stellenstreichungen bei der Bahn: Planlos in der Krise

Die Ankündigung, 30.000 Stellen bei der Bahn zu streichen, ist reine Stimmungsmache. Die Erfahrung lehrt, dass sich übereilter Stellenabbau rächt.

Bahnchef Richard Lutz

Sollte zuallererst seine eigene Stelle abbauen: Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn Foto: Hannes P Albert/dpa

In Nordrhein-Westfalen werden ab Herbst Quer­ein­stei­ge­r:in­nen ausgebildet, die in Teilzeit als Lok­füh­re­r:in­nen arbeiten. Gedacht ist das Angebot für Leute, die neben der Familienarbeit ein paar Stunden am Tag einen Zug fahren wollen. Die Personalnot ist groß, clevere Ideen sind gefragt, um sie zu lindern. Im Gegensatz dazu steht die Ankündigung von Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz, in den kommenden fünf Jahren bis zu 30.000 Stellen abzubauen.

Offenbar wollte er damit gute Stimmung machen angesichts der tiefroten Zahlen und verheerenden Verspätungs- und Zugausfallzahlen des von ihm geführten Konzerns. So machen es auch immer wieder Chefs von börsennotierten Unternehmen. Sie hoffen, dass die Ankündigung von Stellenstreichungen die Kurse nach oben treibt. Lutz ist offenbar in dieser Welt gefangen – und demonstriert damit wieder einmal, dass er der Falsche für den Job des Bahnchefs ist.

Wegfallen sollen die Stellen vor allem in der Verwaltung. Der Bahnkonzern ist in hunderte Tochterfirmen verschachtelt, die Bürokratie verschlingt viel Geld. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Arbeit an den Schreibtischen viel effektiver organisiert werden kann und etliche Führungskräfte ihre Boni nicht verdienen. Die Deutsche Bahn braucht nicht nur eine Generalüberholung ihres Schienennetzes, sondern auch ihrer Verwaltung.

Aber: Dabei ausgerechnet mit Stellenstreichungen anzufangen, zeigt die Planlosigkeit des Bahnvorstands. Umbau von Stellen ist die richtige Antwort auf die Misere, nicht Abbau. Denn die Bahn muss angesichts der Klimakrise und der nötigen Verkehrswende in Zukunft mehr und nicht weniger leisten.

Die Deutsche Bahn hat schon öfter auf rote Zahlen mit Jobabbau reagiert, gerade bei Lok­füh­re­r:in­nen und Zugbegleiter:innen. Das rächt sich jetzt, weil es viel zu wenig von ihnen gibt. Und neue zu gewinnen ist nicht nur wegen der belastenden Arbeitsbedingungen mit Abend-, Wochenend- und Feiertagsschichten schwierig. Wer steigt schon gerne in einen Konzern ein, dessen Management Krisen durch Job­abbau bewältigen will.

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