Zukunft der Berliner Zentralbibliothek: Die Lösung wäre da – auch das Geld?

Die Berliner Zentralbibliothek könnte die Gentrifizierung außer Kraft setzen. Kultursenator Joe Chialo legt sich in der Akademie der Künste fest.

Berlins Kultursenator Joe Chialo gestikuliert.

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU): Durch die ZLB in der Friedrichstraße könnte ein Ort „der Bildung und des Seins“ entstehen Foto: Britta Pedersen/dpa

Ein Regenguss von der apokalyptischen Sorte ging neulich auf die Hauptstadt nieder, einer, wie sie jetzt im Klimawandel häufiger vorkommen werden. Die Auswirkungen in der Berliner Stadtbibliothek, einer der beiden Standorte der Zentralbibliothek, waren dramatisch. Wasser drang in ein Buchlager ein. Die Bi­blio­the­ka­r*in­nen bildeten eine Eimerkette, um es wieder herauszuschaffen.

Deutlicher konnte die Nachrichtenlage kaum darauf hinweisen, dass Handlungsbedarf bei der Berliner Zentralbibliothek (ZLB) besteht. Außerdem fiel Joe Chialo (CDU) bei einer Veranstaltung der Akademie der Künste am Montagabend etwas auf.

Üblicherweise, sagte der Berliner Kultursenator, würden die Künste einen Ort entdecken, der dann an Investoren weitergereicht werden muss, die viel Geld damit machen. Wenn die ZLB aber in die Galeries Lafayette zieht, wäre dieses gentrifizierungstheoretische Grundgesetz außer Kraft gesetzt. Ein Kaufhaus würde in ein Haus der Kultur verwandelt. „Charmante Idee“, rief Chialo.

Neues Format an der Akademie der Künste

Das neue Präsidium der Akademie der Künste hatte zum Akademiegespräch geladen, in einem neuen Format, der Moderator und seine Gäste gingen auf einem quer durch den Raum ausgelegten Teppich sich unterhaltend hin und her, das klappte ganz gut, der neue Akademiepräsident Manos Tsangaris hielt das Grußwort, der neue Vizepräsident Anh-Linh Ngo moderierte souverän. Geredet wurde eben über die Nachnutzung der Galeries Lafayette und den möglichen Einzug der ZLB in das Gebäude.

Alle Beteiligten waren dafür. Wenn man Volker Heller, dem ZLB-Direktor, zuhörte, wusste man auch, warum. Die beiden derzeitigen Standorte der ZLB seien in einem „unwürdigen“ Zustand. Und die Gebäude in der Friedrichstraße würden sich perfekt für die ZLB eignen. Lichtdurchflutete Räume fürs Publikum, Räume mit ausreichend Tragelast für die Archive, 35.000 Quadratmeter Fläche, Möglichkeiten, unterschiedliche Zonen für Kontemplation, Spiel und Begegnung zu schaffen.

Dominique Alba drückte als Vertreterin des Architekten Jean Nouvel große Sympathien für die ZLB-Lösung in der Friedrichstraße aus. Katharina Schultens, Leiterin des Hauses für Poesie, zeigte auf, wie mit migrantischen Jugendlichen in den Räumen gearbeitet werden könnte. Und Joe Chialo legte sich für einen Politiker überraschend deutlich fest – und wird daran jetzt gemessen werden. Durch die ZLB in der Friedrichstraße könnte ein Ort „der Bildung und des Seins“ entstehen. Auch im Kulturausschuss seien sich alle einig, „dass das eine gute Idee ist“.

600 Millionen Euro

Ein eindeutiger Abend. Nur klang alles so perfekt, dass man sich fragte: Warum macht Berlin das nicht einfach? Was spricht eigentlich dagegen? Nun, knapp 600 Millionen Euro würde der Umzug, Stand jetzt, auch nach Verhandlungen noch kosten, und Berlin hat kein Geld. Aber ein Neubau oder auch eine Renovierung würden auch nicht billiger werden – und irgendetwas muss halt geschehen.

Aber das Geld ist nicht das einzige Hindernis. Die Gemengelage zwischen den Bezirken kann Berlin-typisch auch bei noch so wünschenswerten Projekten immer toxisch werden. Und wer sich einmal damit beschäftigt hat, warum bundesweit viele Bibliotheken sonntags nicht geöffnet haben, weiß, wie etwa eine Allianz von Gewerkschaften und Kirchen an sich wünschenswerte Reformprojekte im Bibliotheksbereich immer torpedieren können.

Am Schluss des Abends fragte Anh-Linh Ngo Dominique Alba, wie viel Zeit für eine Entscheidung man denn noch habe. Sie sagte, dass es manchmal glückliche Momente gebe, in denen man zugreifen müsse, weil sie sonst wieder verschwänden. Ab Anfang August wird das Gebäude leer stehen.

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